Reisebericht vom 04. August 2009

Eigentlich hätten wir gerne mal unsere E-Mails abgerufen, aber Internet und Natel-Empfang sind im Norden Kanadas sehr dünn gesät. So verlassen wir diesen schönen Campground und fahren für einige Kilometer weiter auf der Gravel Road. Nachdem wir die Grenze zu British Columbia erreicht haben, ist die Strasse wieder geteert. Nach weiteren 2 Stunden Fahrt treffen wir nun endlich auf den berühmten Alaska Highway. Dieser ca. 2230 Kilometer lange Highway ist genaugenommen nichts weiter als eine breit ausgebaute Verbindungsstrasse zwischen Dawson Creek in British Columbia und Delta Junction in Alaska. Trotz markiger Slogans wie zum Beispiel „I survived the Alaska Highway“ auf Autoaufklebern und T-Shirts stellt diese Strasse längst keine Herausforderung mehr dar. Der Plan, eine durchgehende Strasse oder eine Eisenbahn nach Alaska zu bauen, reicht bis in die Zeiten des Goldrausches zurück. Alle Ansätze zur Realisierung scheiterten aber zunächst. Zu stark war die Furcht der Kanadier vor einem unkontrollierten Eindringen des am Landweg nach Alaska interessierten Nachbarn USA. Was in Friedenszeiten unmöglich schien, gelang schliesslich während des 2. Weltkrieges. Die japanische Bedrohung nach dem Angriff auf Pearl Harbour im Dezember 1941 lieferte den USA ein Argument, dem sich die Kanadier nicht mehr gut verschliessen konnten: Eine Nachschubstrasse sollte den US-Staat im hohen Norden gegen eine damals tatsächlich befürchtete japanische Invasion sichern helfen. Die Bauarbeiten kamen trotz schwieriger äusserer Bedingungen rasch voran. Weder Mensch noch Maschine wurden geschont. Bei den knapp 11‘000 eingesetzten US-Soldaten waren Unfälle an der Tagesordnung. Eine geschickte Propaganda sorgte dennoch dafür, dass die patriotisch eingestimmte Bevölkerung in den USA wie in Kanada die Realisierung des Projekts als „Heldentat“ feierte – der alte amerikanische Pioniergeist (Frontier Spirit) lebte wieder auf. Und heute sind wir da, im Reise-Spirit! Es folgen grandiose Streckenabschnitte, besonders durch die Bergwelt der Rocky Mountains und die Täler entlang der Flüsse Mac Donald, Toad und Trout. Die nördlichen Ausläufer der Rockys umschliessen hier ein enges Tal und beherrschen den Stone Mountain Provincial Park. Im Strassenverlauf durch den Park erreichen wir den mit 1295 m höchsten Punkt des Alaska Highway, den Summit Pass. Am Summit Lake, einem idyllisch gelegenen See, an dem leider schon unzählige Wohnmobile stehen gluschtet es uns überhaupt nicht, uns dazu zu stellen. So fahren wir ein paar Kilometer weiter und treffen auf einen kleinen See mit grossem Kiesplatz davor. Hier stehen wir doch auch ganz gut und sind dazu noch ganz allein. Was sich aber schnell als Irrtum herausstellt. In unmittelbarer Nähe verweilen sich einige Rentiere und eine Elchkuh löscht den Durst am See. Während wir beim Abendessen sitzen, sagt Monika mehr aus Jux: „Schau mal aus dem Fenster, ist da nicht nochmals ein Elch zu sehen?“ Rico bleibt das Brot im Halse stecken, er springt auf, rennt zur Kamera und sofort ins Freie mit den Worten: „Da schwimmt ein riesiger Elch über den See!“ Deutlich hören wir ihn schnaufen und pusten. Praktisch neben uns steigt er aus dem Wasser und verweilt für längere Zeit in unmittelbarer Nähe. Immer wieder geht der Elch zurück ins Wasser, taucht seinen Kopf für längere Zeit ganz unters Wasser. Lange können wir das prächtige Tier in unmittelbarer Nähe beobachten. Er nimmt überhaupt keine Notiz von uns. Später taucht er völlig unter Wasser um seine Tauchkünste zu demonstrieren, sind wir doch sehr verblüfft, wie gut ein Elch schwimmen und tauchen kann. Nachdem er gründlich gebadet hat, verschwindet er wieder im Wald und wir im „Hüsli“. So gegen Mitternacht gehen wir nochmals nach draussen und siehe da, vier Elche tanzen um unser „Hüsli“ herum. Es stört die Tiere überhaupt nicht, dass wir mit unserer starken Taschenlampe auf sie zünden. Wow, was für ein super Erlebnis, die wilden Tiere so nah zu sehen. Zufrieden gehen wir nun auch schlafen und träumen von schwimmenden Elchen und so.

Schon beim Aufstehen tummeln sich wieder viele Rentiere um uns herum. Wir setzen unseren Weg auf dem Alaska Highway fort. Neben den Mini-Siedlungen wie Toad-River, Muncho-Lake und Fireside sind die anderen Orte am Highway nichts weiter als Rasthäuser mit Campground, Motel und Kaffee. Auf dem vollständig asphaltierten Alaska Highway sind heute in den Sommermonaten weitaus mehr Campmobile unterwegs als Trucks. Was im Übrigen die wachsende touristische Anziehungskraft des Nordens beweist. Damit das auch in Zukunft so bleibt, wird die Strasse in der kurzen Sommersaison auf vielen Passagen repariert und ausgebaut. Auch in Zukunft dürften Wartezeiten vor Grossbaustellen eher die Regel als Ausnahme sein. Hinter vorweg fahrenden Pilot-Cars fahren wir dort langsam und nur einspurig über Stock und Stein. Für die nächsten paar hundert Kilometer wechselt der Alaska Highway immer wieder zwischen British Columbia und dem Yukon Territory. Landschaftlich keine Veränderung, aber Bären die am Strassenrand Gras fressen unterbrechen die Fahrt. Einem können wir ganz Nahe kommen, er lässt sich nicht mal durch unser lautes Motorengeräusch stören. Doch aussteigen wollen wir nicht, zu schnell kann sich ein Bär vorwärts bewegen und ein Bärenbiss am Hinterteil stört enorm beim Sitzen auf dem sonst schon harten Saurersitz. Die Konstrukteure des Alaska Highway wählten eine Trassenführung entlang des Muncho Lake, weil sie mit dieser Route den unzugänglichen Grand Canyon des Liard River umgehen konnten. Der See ist ein Höhepunkt der Strecke. Die eindrucksvolle jadegrüne Färbung des Wassers wird von Kupferoxyden verursacht. Ca. 8 km südlich des Örtchens Fireside, das 1982 teilweise einem Waldbrand zum Opfer fiel, entwickelt der Liard River enorme Stromschnellen. Dort lädt uns ein kleiner Platz zum Bleiben ein.

Zum letzten Mal passieren wir die Grenze von British Columbia zum Yukon Territory. Die südliche Grenze des Yukon Territory entspricht exakt dem Verlauf des 60. Breitengrades, die westliche (zu Alaska) dem 141. Längengrad. Das Mackenzie Massiv, eine Teilformation der Rocky Mountains, trennt Yukon und Northwest Territories; die Grenze verläuft im Südosten streckenweise entlang der Wasserscheide zwischen Pazifik und Nordpolarmeer. Die Umrisse des Yukon Territory bilden damit ein fast geschlossenes Dreieck mit einer Fläche, die ca. der von Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengenommen entspricht. Mit Watson Lake erreichen wir den ersten Ort des Yukon Territory. Watson Lake ist der nach Whitehorse wichtigster Verkehrsknotenpunkt des Yukon Territory. Siedlung und See wurden benannt nach Trapper Frank Watson, den es vor einem Jahrhundert mit seiner indianischen Frau in die Abgeschiedenheit dieser Gegend zog. Mit der Ruhe war es vorbei, als 1939 der damals noch als Fish Lake bezeichnete See für Starts und Landungen von Wasserflugzeugen erwählt wurde. Bereits zwei Jahre später entstand dort eine „richtige“ Landebahn mit Versorgungscamp für die Arbeiter. Beim Bau des Alaska Highway wuchs Watson Lake daher eine nachschubtechnische Schlüsselrolle zu, die trotz veränderter Bedingungen bis heute nicht wieder verlorenging. Ihre Bekanntheit verdankt die mit ca. 1600 Einwohnern bereits drittgrösste Stadt im Yukon Territory in erster Linie den Watson Lake Sign Posts, zahlreichen unübersehbaren Holzmasten am Alaska Highway, an die Besucher aus aller Welt Wegweiser, Autokennzeichen, Orts- und andere in irgendeiner Form beschriftete Schilder genagelt haben. Der heimwehkranke Soldat Carl K. Lindley aus Danville, Illinois, hat während der Bauarbeiten am Alaska Highway mit einem Schild seines Heimatortes den Anstoss zu dieser Sammlung gegeben. Andere Arbeiter, Lastwagenfahrer und später unzählige Touristen folgten seinem Beispiel. Mittlerweile, laut alljährlicher Zählung, ist die bunte Schildersammlung auf nahezu unglaubliche ca. 65‘000 angewachsen. Was als ein Sign Post begann, wird wegen der erreichten Ausmasse nun mittlerweile durchaus zu Recht als Sign Post Forest bezeichnet. Die Stadt stellt laufend weitere (3-4 m hohe) Pfosten auf, da der Platz für neue Schilder immer wieder knapp wird. Die erreichten Ausmasse des Schilderwaldes sind ebenso erstaunlich wie die Vielfalt der dort zusammengekommenen „Trophäen“ aus aller Herren Länder.

Um eine Abwechslung vom Alaska Highway zu erlangen, fahren wir einen Umweg ab Jake’s Corner über die asphaltierte Tagish Road nach Carcross. Die Strasse entstand 1942 parallel zu einer Ölpipeline im Canol-Projekt. In der winzigen Siedlung Carcross (430 Einwohner) machen wir einen Zwischenstopp. Der Ort wirkt ausgestorben wie eine Geisterstadt. Die einzige Sehenswürdigkeit bietet der 1910 erbaute Bahnhof. Es gibt auch einen Campground in dem Dutzende von Wohnmobilen stehen. Da wir ja fürs Schlafen nicht bezahlen wollen, bevorzugen wir, uns ausserhalb der Ortschaft hinter die Büsche zu stellen. Dies ist kein Problem sofern man nicht zu ängstlich ist. Wir fahren vorbei an der Carcross Desert, ein 260 ha grosses Dünengebiet, die „kleinste Wüste der Welt“ und finden die besagten Büsche.

Wir sitzen noch beim Frühstück und die ersten grossen Campmobile rasen an uns vorbei, zwischendurch einer, der uns grüssend zuhupt. Man trifft auf dieser Strecke immer wieder mal die gleichen Leute, denn unser „Hüsli“ ist ja überhaupt nicht auffällig. So brechen auch wir auf und erreichen nach ca. 20 Kilometern den Emerald Lake, der für sein türkisfarben leuchtendes Wasser berühmt ist. Der beste Standort fürs optimale Foto ist der Hügel auf der anderen Strassenseite, auf den Rico sofort raufkraxelt. Knips, knips und im Kasten ist’s. Andere Reisende machen wie wir an dem wunderschönen See stop für Fotos, und dabei fotografieren sie auch uns und unser kurliges Gefährt. An dieser Stelle müssen wir mal zu Papier bringen, dass Dank diesem aussergewöhnlichen Fahrzeug (Saurer 2DM mit Infanterieanhänger) wir bei den Kanadiern und Amis sehr viel Aufsehen erregen und somit enorm viele Kontakte zustande kommen. Der Kanadier sowie der Amerikaner sind überhaupt nicht kontaktscheu, so werden wir oft angesprochen, woraus sich gute Gespräche, interessante Begegnungen und Adressenaustäusche ergeben. Mittlerweile besitzen wir zig Adressen aus allen Teilen Nordamerikas, die es alle zu besuchen gilt. (Das würde aber nochmals 1 bis 2 Jahre in Anspruch nehmen.) Wir wollen heute noch bis Whitehorse fahren, also verlassen wir diesen wunderschönen See (an dem wir beinahe unser „Hüsli“ gegen ein Blockhaus eingetauscht hätten). Die restlichen 40 km sind nicht sehr aufregend. Die Ortsbezeichnung Whitehorse geht auf die hochaufschäumende Gischt der einst gefürchteten Miles Canyon Stromschnellen zurück. Sie erinnerte die Prospektoren an die wehende Mähne eines Schimmels. Mit dem Bau des Alaska Highways begann die Entwicklung der Stadt zum wirtschaftlichen Zentrum des Territoriums. Auch wir nutzen Whitehorse vorwiegend um uns auf unser Abenteuer nach Inuvik vorzubereiten.

Wir verlassen Whitehorse wieder auf dem Alaska Highway weiter Richtung Norden. Kurz nach der Ortschaft wechseln wir auf den Klondike Highway. Es existieren gerade mal zwei Strassen nach Alaska. Der Alaska Highway über Beaver Creek oder der Klondike Highway über Dawson City. Wir wählen den letzteren, um noch einen Abstecher nach Inuvik zu machen. Wir erreichen Carmacks mit seinen ca. 430 Einwohnern. Der Ort war einst eine bedeutende Zwischenstation der Sternwheeler auf dem Weg nach Dawson City und überstand die Einstellung der Schiffsbetriebe wegen seiner Lage am Klondike Highway besser als andere Orte. Etwa 20 km nach Carmacks erreichen wir den Aussichtspunkt über die Five Finger Rapids. In diesen Stromschnellen kam mancher Goldsucher auf dem Weg nach Dawson City um. Es ist zwar noch relativ früh, aber die Lage am Aussichtspunkt und die Tatsache, dass wir ja noch schmieren und fetten sollten, veranlassen uns, gleich hier unser Nachtquartier aufzuschlagen. Rico schlüpft in sein Übergwändli und beginnt unter dem „Hüsli“ herum zu kriechen, bewaffnet mit einer Fettpresse. Monika gibt Anweisungen und passt auf, dass nichts vergessen geht.

Nach dem Aufstehen und Frühstück werden wir erst einmal kreativ. Gross und unübersehbar schreiben wir auf eine weisse Blache: From Switzerland to Alaska. So müssen wir nicht dauernd die Herkunft unserer Nummernschilder erklären. Zu allem sieht es sehr cool aus. Hinten am Anhänger befestigen wir das gemalte Teil. Frisch geschmiert, gefettet und beschriftet setzen wir unseren Weg auf dem Klondike Highway fort. Die Fahrt bringt nicht viele Highlights ausser Kaffeepausen zwischendurch und neuen Begegnungen. Die letzten gut 150 km bis Dawson City schaffen wir mühelos und so erreichen wir die letzte Stadt in Kanada. Am 17. August 1896 stiessen George Washington Carmack, der Bruder seiner indianischen Frau, Skookum Jim und dessen Neffe Tagish Charlie, am Rabbit Creek, einem Zufluss des Klondike River, auf Gold und lösten damit den Klondike Goldrush aus. Über 100‘000 Menschen sollen damals in der Hoffnung auf schnellen Reichtum den Weg nach Norden genommen haben. 30-40 % von ihnen erreichten ihr Ziel. Die meisten überquerten mitten im Winter den berüchtigten Chilkoot Pass, nur um bei der Ankunft erkennen zu müssen, dass die besten Claims der Klondike Gold Fields lange vergeben waren. Der Mehrheit blieb nichts weiter, als zu miserablen Konditionen für glückliche Claimholder zu arbeiten. Dawson City wuchs 1898 auf über 30‘000 Einwohner und war damit vorübergehend grösste Stadt nördlich von Vancouver. Alles musste über Tausende von Kilometern herangeschafft werden. Kein Problem waren die hohen Preise für die Erfolgreichen: Denn allein 1900 betrug die Ausbeute an Waschgold aus Bächen im Yukon Territory fast 34‘000 kg. Als 1898 das Yukon von den Northwest Territories getrennt wurde und eine eigene Verwaltung erhielt, rückte Dawson City zur Hauptstadt auf. Einen echten Verkehrsanschluss erhielt die Stadt aber erst 1900 mit der Fertigstellung der White Pass + Yukon Route. Von deren Endstation Whitehorse ging es mit Raddampfern, wie man sie vom Mississippi her kennt, weiter nach Dawson City. Der Boom dauerte nur wenige Jahre. Die Prospektoren verschwanden, und Dawson City schrumpfte zum Dorf. Zu Anfang der 1950er-Jahre wurden zwar immer noch 500 Einwohner registriert, aber die Zahl trügt. Viele der einstigen Bewohner bzw. ihre Nachkommen hatten sich längst anderswo niedergelassen, zahlten jedoch weiterhin Steuern für ihre Häuser, um dabeizusein, sollte ein neuer Boom ausbrechen. Schliesslich verlegte man 1953 den Regierungssitz nach Whitehorse, das nach Fertigstellung des Alaska Highway zum neuen Zentrum des Nordens aufgestiegen war. Aber bereits in den 1960er-Jahren kam es zur Wiederbelebung. Unter der Regie von Parks Canada wurden historische Gebäude im Stadtkern mit grosser Sorgfalt restauriert oder – wie im Fall des baufälligen Palace Grand Theatre – abgerissen und an anderer Stelle originalgetreu neu gebaut. Die Strassen sind mit Absicht nicht gepflastert, die Gehwege Holzplanken. Dies und der perfekte Ausbau des Kondike Highway haben einen bemerkenswerten Aufschwung bewirkt. Dawson City entwickelte sich zum Besuchermagneten und zählt heute (in den Sommermonaten) wieder rund 1‘900 Einwohner mit einem erstaunlich hohen Anteil Jugendlicher. Uns gefällt die Stadt auf Anhieb, sie hat ein richtiges Wild West Flair. Nicht sehr gross, überschaubar und mit viel Charme. Wir erregen heftiges Aufsehen, werden bestaunt, bewundert und ausgequetscht. Die Stadt ist recht voll, denn in 2 Tagen beginnt hier ein Music-Festival. Wir stellen uns ausserhalb der Stadt zum Sportplatz wo wir ungestört die Nacht verbringen.

Heute bereiten wir uns intensiv auf unser Abenteuer nach Inuvik vor. Der Dempster Highway verbindet Dawson City mit Inuvik, der nördlichsten Stadt Kanadas, die mit dem Auto erreichbar ist. Das bedeutet über 1400 km hin und zurück und dies alles auf Gravel Road. Mit grossen Küchen-Abtropfsieben (denen wir den Griff abgetrennt haben) schützen wir unsere Frontlampen vor Steinschlag. Lebensmittel und Diesel werden randvoll aufgefüllt. Unterwegs gibt’s nichts zu kaufen. Einheimische versuchen uns zu überreden, über das Festival hier zu bleiben, aber die Wetterprognosen für die kommenden Tage sind dermassen gut, dass wir das Abenteuer dem Music Festival vorziehen.

Freitag 17. - Donnerstag 23. Juli 2009 Dempster Highway hin und zurück 1548 km
Etwa 40 km östlich von Dawson City zweigt der Dempster vom Klondike Highway ab. Nach Inuvik sind es 740 Kilometer. Auf der Suche nach der Last Frontier („letzte Herausforderung“) besitzt der geschotterte Dempster Highway einen ähnlichen Stellenwert wie einst der Alaska Highway. Denn auf keiner anderen Strasse ist die Einsamkeit des Nordens noch so spürbar. Ausserdem führt in Kanada nur der Dempster Highway bis über den Polarkreis hinaus. Die Strasse in den hohen Norden zeichnet sich durch eine abwechslungsreiche Streckenführung mit mehreren Pässen oberhalb der Baumgrenze aus. Der 1959 begonnene Bau des Dempster Highway nahm 20 Jahre in Anspruch. Die Strasse verläuft zunächst durch Waldland, lässt es aber bald hinter sich und steigt entlang des North Fork Klondike River hinauf zu den Ogilvie Mountains. Der Highway ist derzeit alles in allem in einem verhältnismässig akzeptablen Zustand. Dennoch müssen wir auf Überraschungen gefasst sein, da die klimatischen Bedingungen für eine ständige Erosion sorgen. Die Routenführung wurde teils der Topographie angepasst, teils nicht. Sie verläuft erhöht auf einer isolierenden Schotterschicht über dem Permafrostboden. Der 1289 m hohe North Fork Pass führt durch den Tombstone Kamm der Ogilvie Mountains in baumlose Weiten mit grandiosem Weitblick auf die zackigen Berge und auf der nördlichen Passseite entlang des Black Stone River. Übernachtet wird wild, aber wir müssen den Platz vorsichtig aussuchen, denn abseits der Fahrbahn kann der Boden leicht nachgeben. Direkt am kalten Black Stone River, den wir zugleich als unsere Badewanne nutzen, stehen wir auf hartem Grund und übernachten. Auf den dahinter folgenden 50 Kilometern schlängelt sich der Dempster Highway durch das anfangs enge Tal des Ogilvie River. Die Strasse führt danach in eindrucksvollem Verlauf durch die Eagle Plains, eine weite Ebene zwischen Richardson und Ogilvie Mountains. Wer auf dieser Strecke liegenbleibt, den trifft es hart. Erst beim Eagle Plain Hotel stossen wir wieder auf einen Vorposten der Zivilisation. Bis hier haben wir die halbe Strecke geschafft. Nach genau 405 km Fahrt erreichen wir den Polarkreis. Dort steht inmitten der Tundra eine Tafel die wir fürs Erinnerungsfoto nutzen und auch gleich hier übernachten. Die nun folgenden 100 km durch die Richardson Mountains bilden das schönste Teilstück der Strecke. Am Wright Pass überqueren wir endgültig die kontinentale Wasserscheide zwischen Nordpolarmeer und Pazifik. Mit dem gleichzeitigen Übergang vom Yukon in die Northwest Territories müssen wir auch unsere Uhren umstellen (Zeitzonenwechsel). Etwa 11 km vor Fort McPherson setzen wir auf einer Fähre über den Peel River. Der weitere Routenverlauf des Dempster Highways auf den letzten knapp 200 km lässt deutlich an Attraktivität nach. Per Fähre geht’s über den MacKenzie River und weiter durch überwiegend flache, bewaldete Taiga. Per Zufall und mit viel Neugier entdecken wir eine Seitenstrasse die für einen PW kaum zugänglich ist. Holper, holper, wir quetschen unsere grossen Räder über alles hinweg und schwups stehen wir an einem wunderschönen See. Ruhig, alleine, just perfect! Grandios, einmalig, postkartenlike erleben wir hier die Mitternachtssonne, die uns die ganze „Nacht“ ins Gesicht scheint.
Und dann ist das Ende des Dempster Highways erreicht. Inuvik ist die grösste kanadische Siedlung nördlich des Polarkreises und mit 3‘500 Einwohnern die drittgrösste Stadt in den Northwest Territories. Die einzige nennenswerte Sehenswürdigkeit der Stadt ist die schneeweisse Iglu-Church. Ansonsten hat Inuvik nicht sehr viel zu bieten. Es liegt so hoch im Norden, dass die Bewohner nach Süden schauen müssen um das Nordlicht zu sehen. Bei einem Kaffee lernen wir sofort ein paar Einheimische kennen, die uns auch darauf hinweisen, dass wir beim Fluss problemlos übernachten können. Wir folgen dem Rat und ruhen uns für die morgige Rückfahrt aus. Würde uns jemand fragen, ob sich die Strapazen für Auto und Reisende lohnt; unbedingt, ja! In Inuvik gewesen zu sein gehört dazu. Wir erlebten grandiose Landschaften in absoluter Einsamkeit, Goldrauschrelikte und lange Sommertage gefolgt von sternenklaren Nächten. Was will man mehr!



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Reiseroute durch Kanada