4. Etape

Reisebericht 03

Immer freitags veranstalten Brigitte und Peter, ein Schweizer Paar, auf einem Campingplatz ein Abendessen. Die beiden bestreiten ihren Lebensunterhalt auf diese Weise. Für 120 Pesos pro Person ist man dabei. Peter und Hedy überreden uns, dahin mitzukommen. Die Gesellschaft ist super, die Atmosphäre locker und das Essen schmeckt hervorragend. Nach dem Essen, quatschen Brigitte und Monika miteinander und finden heraus, dass sie sogar zusammen die Teenager Zeit in ZH-Altstetten verbracht haben. Ha, wie klein ist doch die Welt!
Die kommenden Tage verbringen wir mit herumliegen, faulenzen, die Sonne geniessen, zwischendurch ein kühles Bier trinken und einfach nichts tun.
Nachdem wir den ganzen Tag am Strand verbracht haben, wollen wir am Abend unsere Dusche nutzen. Hier am Playa ist ja niemand und so können wir ungestört duschen - dachten wir. Rico steht, beziehungsweise hockt eingeseift in der Mülltonne und plötzlich taucht am Strand ein Auto auf. Zuerst kurvt es noch scheinbar ziellos herum, aber es kommt wie es kommen muss. Das Auto hält direkt neben uns und zwei Polizisten steigen aus. „Ja super, genau jetzt!“ Rico quasselt eingeseift und mit Schaum auf dem Kopf und im Gesicht mit den beiden Polizisten auf Spanisch aus der Mülltonne heraus. Dass er gerade am Duschen ist stört die beiden Besucher nicht, sie finden es amüsant und unsere Dusche genial. Mit einem freundlichen Gruss und guten Wünschen ziehen die beiden von Dannen. Nun müssen auch wir lachen, na ja, duschen unter Polizeikontrolle ist auch nicht alltäglich.
Der Strand von Los Barilles ist ein beliebter Platz für Schildkröten um ihre Eier zu legen. Um die Eier vor Raubtieren zu schützen werden diese eingesammelt und erst nach dem Schlüpfen werden die kleinen Kröten in die weite Welt gelassen. Und heute ist wieder eine Aussetzung. Dutzende der kleinen süssen Schildkröten werden am Strand freigelassen und die Kleinen suchen sich den Weg ins Meer. Danach gehen wir mit Hedy und Peter Pizza essen. Riesengross sind die Portionen und sensationell zubereitet. Wie beim Italiener.
Das Strandleben bringt auch so einige Besucher mit sich. Wie zum Beispiel der äusserst witzige Roadrunner. Wir jagen mit Fotoapparat und Videokamera dem flinken Vogel hinterher. Einige Aufnahmen gelingen.
Da wir auch wieder mal waschen müssen und dabei gleich das Internet nutzen wollen, wechseln wir von unserem freien Strandplatz zum nahegelegenen Campingplatz. Der bietet uns all die Annehmlichkeiten.
Am Abend gehen wir mit Brigitte und Peter zu einem Musik-Event. Jeder kann mitmachen und sein Können vortragen. Nun ja, einige würden es besser lassen. Aber einige haben schon was zu bieten und sind recht gut. Nach ein paar Bier intus ist es rundum ein schöner Abend.

Nun ist es für uns langsam Zeit diesen gemütlichen Ort zu verlassen. Wir fahren bis nach La Paz. Es gibt einiges einzukaufen und das „Hüsli“ aufzutanken.
Wir wollen nochmals einige Tage an einem schönen Strand verbringen. Also fahren wir wieder 45 km nach Süden und erreichen die Bucht von La Ventana. Um an den Strand beim Leuchtturm Punta Arena zu kommen, müssen wir über eine 3 km lange Holperpiste deren Verlauf über die Salinen führt. Schön vorsichtig tuckerln wir über die kitschig rosa leuchtenden Salzfelder und enden am Playa El Sueños. Wow, weisser Sandstrand, dunkelblaues Wasser und keine Menschenseele da. Nur einige Hundert Meter abseits vom Leuchtturm stellen wir uns in Position, so dass wir auf keinen Fall im Sand stecken bleiben können. Man lernt ja dazu.
Wir sitzen gemütlich auf unserem Balkon und nippen aus der Kaffeetasse als plötzlich ein Pick-Up mit ca. acht jungen Männern auftaucht. Sie scheinen in Party Stimmung zu sein. Sie sind ausgelassen, schreien lauthals herum und jeder hat ein Bier in der Hand. Die Jungs beachten uns kaum und fahren mit dem 4x4 Pick-Up bis zum Wasser. „Ha, wenn das mal gut geht“. Wir beobachten, staunen, schmunzeln und sind nicht überrascht als wir den Wagen immer tiefer im Sand versinken sehen. „Endlich!“, schiesst es Rico durch den Kopf. Seine Augen funkeln, die Arme zucken. Insgeheim könnte Rico ein Freuden-Tänzchen aufführen, denn die Seilwinde wird gebraucht. Mit grossen Schritten eilt er zu den jungen Männer und bietet seine Hilfe an. Die Jungs sind hell begeistert dass wir helfen können. Also stellt Rico den 44-jährigen Saurer so in Position, dass wir nicht plötzlich selber stecken bleiben. 100 Meter Stahlseil stehen zur Verfügung. Aus sicherer Distanz wird nun Meter für Meter der Pick-Up aus dem Sand gezogen. Die jungen Männer sind völlig aus dem Häuschen vor Begeisterung und Rico mächtig stolz auf seinen Saurer. Nach einigen Minuten ist der ganze Spass vorbei. Aber wir werden Freunde. Sofort lädt man uns zum Wein trinken ein. Aber Wein bedeutet in ihrer Sprache Whisky mit Cola. Bei lauter Musik und reichlich „Wein“ wird nun erzählt, diskutiert, geblufft, gelacht, gejault und so weiter. Es stellt sich heraus, dass die jungen Männer Ingenieure aus Guadelajara sind und hier in Baja Californien ein Projekt ausführen müssen. Zum Fyrabig-Drink fährt man hier eben zum Strand. Kurz vor Sonnenuntergang verabschieden sie sich und schon gehört der Strand wieder uns.
Wie es der Name schon sagt wird die Bucht von La Ventana von starken Winden heimgesucht. Es scheint, dass unsere Ecke am meisten davon abkriegt. Daher beschliessen wir auf die andere Seite der Bucht zu fahren. Da könnte es von den dahinter liegenden Bergen geschützter sein. Die Ortschaft La Ventana zieht hunderte von Surfern und Skyte-Surfern an. Dementsprechend ist die Ortschaft auch überfüllt von unzähligen Wohnmobilen und Campern. Wir fahren bis ans Ende des Dorfes wo die Strasse aufhört. Eine Dame auf dem Fahrrad winkt uns zum Anhalten. Die Österreicherin kennt sich hier gut aus und gibt uns den Tipp, 5 Kilometer über die Holperpiste zu fahren. Dort sei ein einsamer und wunderschöner Strand. Also folgen wir dem Tipp und tatsächlich erreichen wir einen wunderschönen weissen Sandstrand.
Einige Tage wollen und können wir es hier schon aushalten. Tagsüber kommen immer wieder Leute vorbei um mit uns ein kleines Schwätzchen zu halten.
Rico spielt schon seit langem mit dem Gedanken in ein Solar-Panel zu investieren. Wenn wir länger am gleichen Ort stehen bleiben, ist dies wohl die beste und billigste Art die Batterien zu laden. Wie es der Zufall will, lernen wir einen ausgewanderten Tschechen kennen, der ein fast Neues, für uns passendes Solar-Panel besitzt. Nach einigem hin und her und etwas Überredungskunst von Rico haben wir den Tschechen soweit, dass er uns das 120 Watt Solar- Panel mit Controller für 450 US$ verkauft.
Wow super, gleich wird’s montiert und ausprobiert. Alles funktioniert und wir sind zufrieden.
Der einzige Nachteil ist, wir müssen das riesige Ding während der Fahrt irgendwo verstauen. Dafür werden wir uns eine Kiste bauen.
Es trennen uns nur 35 Kilometer von La Paz. Dort angelangt suchen wir The Home Depot auf, so eine Art Jumbo. Wir kaufen das Material um die besagte Holzkiste zu bauen. Dafür mieten wir uns auf dem einzigen Campingplatz ein.
Sagen, schrauben, hämmern, messen, kleben und schneiden und schon haben wir eine Transportkiste für unser Solarpanel. Wir haben zwar den ganzen Tag gebraucht aber es ist supi geworden.

Wir werden es nun definitiv nicht mehr bis nach Südamerika schaffen. Rico ist schon etwas enttäuscht, nur schon die Tatsache, dass er sich dermassen mit der Routen-Zeitplanung vertan hat, wurmt ihn. Also beschliessen wir, in Baja California zu bleiben und das gute Wetter, die traumhaften Strände und die freundlichen Mexikaner zu geniessen. Einfach mal etwas Ferien machen. Es müssen ja nicht immer tausende von Kilometern abgerasselt werden. So führt uns unser Weg wieder Richtung Norden. Das Ziel ist die Traumbucht von La Concéption.
Loreto nutzen wir um unsere Lebensmittel aufzufüllen und fahren dann gleich weiter an den Strand El Requeson an der Bucht Concéption. Der Strand ist Postkarten tauglich, aber nur für Hardcore-Camper erreichbar. Denn die Zufahrt ab der Hauptstrasse ist völlig kaputt. Genug Bodenfreiheit ist das A und O. Für uns und unser „Hüsli“ ein Kinderspiel.

Leider kommt so langsam ein Wind auf. In der Nacht hat es so richtig zünftig gewindet, so dass sogar unser offenes Fenster weggeflogen ist. Nun ist Rico wieder der Arme. Morgens um 02:00 h muss er raus und das Fenster wieder einhängen, was ihm auch auf Anhieb gelingt.
Wir verlassen diesen Traum-Strand und fahren zum 20 km entfernten Playa Santispac.
An dieser traumhaft schönen Bucht stehen Wohnmobile aller Klassen und Grössen. Vom super modernen luxury Coach bis zum alten Armeelastwagen ist alles vorhanden. Die einen haben sich fein säuberlich eingerichtet mit Windschutzwänden und all dem Schnig Schnag. Andere wiederum haben ein lebhaftes Puff rund ums Wohnmobil. Das wohl teuerste Fahrzeug ist ein pechschwarzer Luxus-Bus, der beide Seiten hydraulisch ausfahren kann. Nebst einem Auto führt der Besitzer zwei Harley Davidson mit. Das wohl älteste und doch irgendwie interessanteste Fahrzeug haben wir. Immer wieder kommt man zu uns zum Schwatzen und Fotografieren. Auf diese Weise lernen wir viele Leute aus allen Teilen Canadas und USA kennen. Da wir uns natürlich nicht all die Namen merken können, haben wir diversen einen Spitznamen gegeben.
Da ist zum Beispiel das Ehepaar „Bernhardiner“. Die zwei älteren Herrschaften leben doch tatsächlich mit einem Bernhardiner, zwei kleineren Hunden und einer Katze in einem Wohnmobil.
Neben uns ist ein jüngeres Paar mit Hund, die beiden arbeiten in Vancouver als Stuntman/-women. Also erhalten sie von uns den Namen „Stunts“.
Den Mann mit dem pechschwarzen Luxus-Bus nennen wir „Die Kugel“, da er jeden Morgen mit zwei Kugeln in der Hand am Strand entlang spaziert.
Und da sind ja noch die „Kanis“. Die Schweizer, die vor 16 Jahren nach Kanada ausgewandert sind um ihren Traum zu leben. Hedi und Andy.
Es macht uns auch riesigen Spass, auf unserem Balkon zu sitzen und die Leute zu beobachten. Wir mussten uns schon mächtig beherrschen, als Frau „Bernhardiner“ mit dem Kanu auf Tour ging. Nun, es ist die Kleiderwahl die uns zum Schmunzeln bringt. Pinke Badehose, hell pinkiges T-Shirt, grasgrüne Turnschuhe und eine gelbe Mütze.
Die Tage verfliegen im Nu, es ist nie langweilig; eine Wanderung auf einen Berg mit atemberaubender Sicht über die ganze Bucht oder einen Ausflug mit dem Töff ins 23 km entfernte Mulege, immer ist was los. Eine bleibende Erinnerung ist sicherlich das Raclette-Essen bei den „Kanis“. Ein kleines rechaud-betriebenes Racletteöfeli liefert die heimische Atmosphäre.

Er ist da, der 31. Dezember steht vor der Tür, beziehungsweise am Strand. Wir haben uns für diesen Abend mit den „Kanis“ verabredet um uns im Beach-Restaurant mit Spanferkel und Buffet zu verwöhnen. Es wird gegessen, getanzt, getrunken, plagiert und gelacht bis zur späten Stunde. Plötzlich ruft die Frau von der „Kugel“: „ hey come on Guys, let’s make New York New York.“ Ups, hä, was? Alle stossen an und wünschen sich gegenseitig ein Happy New Year. A..., a…, aber es ist ja erst 22 Uhr!? Nun kann Rico es nicht lassen und fragt die blonde „Frau Kugel“ was das soll? Sie lacht und meint: „hier sind viele alte Leute und die halten nicht bis Mitternacht durch. Also nimmt man einfach die östlichste USA Time, also eben New York, da ist jetzt Mitternacht.“ „Ja supi, das ist genial“ ist Ricos Antwort.

Bekanntlich soll man gehen, wenn es am Schönsten ist. Wir haben hier eine super Zeit verbracht und interessante Leute kennengelernt. Auch Hedi und Andy, also die „Kanis“ wollen heute aufbrechen. So entschliessen wir uns, die nächsten Tage zusammen zu fahren.
Über 1‘000 Kilometer sind es zurück zur Grenze der USA. Ab hier trennen wir uns von unseren neuen Freunden. Ein cooles Ehepaar. Hedi und Andy fahren Richtung Arizona und wir nach Las Vegas.

Einerseits betrachten wir die 4. Etappe unserer Weltreise als gescheitert, denn das eigentliche Ziel Paraguay wurde nicht erreicht. Andererseits war die Reise ein riesiger Erfolg, all die Schönheiten Baja Californiens in Ruhe zu erleben und zu geniessen.



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Gesamt-Route Baja California 5'439 km



Reisebericht vom 29. November 2012
Reisebericht vom 02. Januar 2013