Reisebericht vom 13. April 2009

Obwohl es in der Nacht bitterkalt war, haben wir trotzdem nicht gefroren. Es war so kalt, dass sich in unserem „Hüsli“ am Türrahmen und an den Metallteilen Eis gebildet hat. An den Schrauben hängen kleine Eiszapfen. Aber mit unserer guten Heizung bringen wir alles schnell wieder auf eine angenehme Temperatur. Da unser Wasser immer noch gefroren ist, greifen wir nun zu anderen Mitteln. Rico sammelt Schnee, Monika kocht ihn. So ist das Abwasch- und Gesichtswaschwasser gesichert. Dann geht unsere Fahrt weiter durch eine traumhaft schöne Wald-Landschaft. Südlich des Svartisen-Massivs und des Saltfjell-Gebirges, in Helgeland, ist die Landschaft grün und abwechslungsreich, mitunter bewaldet. Nördlich davon herrschen arktische Klimabedingungen, nur hier und da überdauern Birken und Kiefern in den kurzen Sommern und langen Wintern. An manchen begünstigten Orten gedeihen jedoch auch Blütenpflanzen, die man in diesen Breiten nicht erwarten würde. Die Tierwelt ist natürlich entsprechend gegen die Kälte geschützt: Fellträger wie Marder, Fuchs, Nerz oder Biber, aber auch das fast allgegenwärtige Rentier und der Elch sind hier zu beobachten. Die Lemminge am Boden lassen sich ebensowenig übersehen wie die Lachse und Forellen in den Flüssen. Wir fahren gemütlich um vielleicht so endlich einen Elch zu erblicken. Aber nichts dergleichen geschieht. Rico ist schon der Meinung, dass es in Norwegen gar keine Elche gibt und dies nur ein Touristentrick ist. Ha, ha, ha….Wir erreichen direkt am Vefsnfjord den kleinen Industrieort Mosjoen mit seinen 13‘500 Einwohnern. Die Sjogata ist mit ihren ca. 100 wunderschön restaurierten Holzhäusern aus dem 18./19. Jahrhundert Nordnorwegens längste und bestbewahrte alte Stadtstrasse. Wir ziehen es vor, noch bis Finneidfjord zu fahren, und praktisch direkt am Fjord zu übernachten. Nun ist aber langsam eine Dusche angesagt, aber aus unserem Tank kommt immer noch kein Tropfen Wasser. Also greift Rico zu Plan B, klettert mehrere Male den Abhang hinunter und kommt jeweils mit einer wassergefüllten Spritzkanne zurück. Das eisige Wasser wird gesiebt und unter harten Bedingungen damit geduscht (indem wir uns gegenseitig mit der Spritzkanne begiessen).

Kurz nach dem Frühstück hält neben unserem „Hüsli“ ein norwegischer Touristenbus. Der Fahrer steigt aus und Rico kommt natürlich sofort mit ihm ins Gespräch. Der Chauffeur sagt, er habe unser Fahrzeug gesehen und wollte nur kurz stoppen, um dies aus der Nähe zu betrachten. Rico lässt ihn mal hinters Steuer sitzen, wovon er völlig begeistert ist.
Bis Mo i Rana, der grössten Ortschaft der Region Helgeland, ist es nicht mehr weit. Sie ist eine betriebsame Handels- und Industriestadt mit Nordnorwegens zweitgrösstem Hafen am östlichen Ende des hübsch von Bergen eingerahmten Ranfjords. Wir nutzen die Stadt um einzukaufen und finden auch mühelos einen Parkplatz. Eine Kuriosität westlich des Zentrum ist der im Fjord stehende, 10 m hohe „Havmannen“ (Mann des Meeres), dem bei Flut das Wasser bis zu seinen steinernen Schenkeln reicht. Nach getanen Einkäufen fahren wir aus der Stadt, um evtl. einen geeigneten Platz zu finden. Es bietet sich aber nichts an und schnell gewinnen wir wieder an Höhe und Kälte. Und so erreichen wir ihn, den Polarkreis. Die Polarkreise sind die Breitenkreise von 66,5° nördlicher Breite und 66,5° südlicher Breite. Der nördliche Polarkreis ist die Breite, ab der im Sommer die Sonne nicht mehr unter den Horizont sinkt und das Phänomen der Mitternachtssonne entsteht. Der Polarkreis trennt – klimatisch – die nördliche gemässigte Klimazone von der Polarzone. Die unterschiedlichen Tages- und Nachtlängen auf allen Breiten – ausser dem Äquator – entstehen dadurch, dass die Erdachse gegenüber der Ebene ihrer Umlaufbahn um 66,5° geneigt ist. Am Tag der Sommersonnenwende, dem 22. Juni, erreicht der – gedachte – Lauf der Sonne am nördlichen Polarkreis seine grösste nördliche Deklination, sodass die Sonne auch um Mitternacht noch am Himmel steht. Diese sog. Mitternachtssonne bietet bei klarem Himmel einen überwältigenden Anblick; doch auch wenn der Sonnenball glutrot durch Dunst und Wolken scheint, entstehen stimmungsvolle Bilder. Genau auf dem Polarkreis ist dieses Phänomen des Polartages nur in einer Nacht zu beobachten, nach Norden nimmt seine Dauer stetig zu. Am Nordpol müsste der Polartag genau ein halbes Jahr betragen, er ist aber wegen der Strahlenbeugung in der Erdatmosphäre noch etwas länger. Darüber hinaus spielt die Höhe des Standorts eine Rolle, da die Daten für die Mitternachtssonne astronomisch auf Meereshöhe bezogen sind; von einem Berg aus kann man die Mitternachtssonne also auch etwas südlich des Polarkreises sehen. Die skandinavischen Gebiete nördlich des Polarkreises, also das eigentliche „Land der Mitternachtssonne“ werden auch als „Nordkalotte“ bezeichnet.
Wir sind auf einer Hochebene und es ist bitterkalt. Trotzdem steigen wir aus, um diesen Moment fotografisch festzuhalten. Lange halten wir es aber nicht aus und so fahren wir weiter und finden ein hübsches Plätzchen fast auf Meereshöhe, das heisst wieder deutlich wärmer. Hier hat‘s sogar Toilette und fliessend Wasser. Zum Znacht kocht Rico ein mega feines Omlett.

Wir haben wunderbar und sehr lange geschlafen. Trotzdem hatten wir das Gefühl, in der Nacht nicht ganz alleine gewesen zu sein. Trollen begegnet man bei einer Fahrt durch Norwegen auf Schritt und Tritt. Bereits seit grauer Vorzeit leben auf Hügeln, in den Bergen und in den alten Hühnengräben Norwegens die Trolle. Sie sind - wie auch die Wichtel und Zwerge in unseren Breitengraden - elbische Wesen. Ihre Herkunft ist unbekannt. Einem Geistlichen, der sie vertreiben wollte, klagten sie einmal, sie seien herabgestürzte Engel. Einer anderen Geschichte zufolge sind sie Nachkommen der alten Riesen, die immer wieder geschrumpft sind und weiter schrumpfen. Die Trolle sind gedrungene, plumpe, erdfarbene Wesen mit mächtigen Knollennasen. Manche haben einen Schwanz und – wie Braunbären – einen zotteligen Pelz. Die Kleider sind grün wie das Moos an einem Waldsee oder grau wie die Flechten auf den Fjellen oder hoch im Norden und meistens sehr zerschlissen. Wenn der letzte Schnee auf den Hügeln geschmolzen ist, kriechen die Trolle aus ihren Höhlen, Verstecken, kommen aus den Wäldern und unter den Steinen hervor. Alle Trolle stürmen dann zu diesen Treffen, die in den Souvenirshops stattfinden. Nachdem der letzte Troll aus unserem „Hüsli“ verschwunden ist, tun wir so dies und das, ab und zu fährt ein Auto auf den Parkplatz um unseren Saurer anzuschauen und zu fotografieren. Und dann ist da noch der Mann mit dem alten Mercedes, der extra gewendet hat um sich das blaue Monstrum aus der Nähe anzuschauen. Rico plaudert mit ihm längere Zeit und er ist sehr interessiert an allem. Es werden Telefon-Nummer, E-Mail-Adresse und Homepage ausgetauscht. Bevor er geht, meint er, er sollte eigentlich der Presse einen Tip geben. Nach gut einer ¾-Stunde kommt er wieder zurück und bringt uns eine Preisliste für die Fähre auf die Lofoten und sagt, dass er dem regionalen Fernsehsender von uns erzählt habe. Mit einem Lächeln und etwas ungläubig bedanken wir uns und er wünscht uns eine gute Weiterreise. Es kommen noch mehrere Interessierte, die unser „Hüsli“ sehen wollen.

Heute stehen wir etwas früher auf, denn wir möchten es wenn möglich bis Bodo schaffen. Zuerst fahren wir aber 3 km zurück um bei der Statoil Tankstelle das Gratis Internet zu nutzen. Erst gegen 15:00 h verlassen wir die Tankstelle. Hat wohl doch etwas länger gedauert als gedacht. Schnell erreichen wir die Stadt Fauske. Sie ist für seinen Marmorsteinbruch bekannt ist. Der rötliche Marmor wurde beim Bau des UN-Gebäudes in New York und des Osloer Rathauses verwendet. Noch 65 km bis Bodo. Ca. 30 km vor Bodo stockt wegen einer Baustelle der Verkehr und genau in diesem Moment klingelt unser Natel. Ups, wer ruft uns denn jetzt an? Der TV-Sender NRK Nordland ist am Apparat. Sie erkundigen sich ob und wann wir nach Bodo kommen, sie würden uns gerne interviewen und evtl. über uns berichten. Wir vereinbaren, morgen noch mal zu telefonieren. Also hat der Mann mit dem alten Mercedes tatsächlich beim Fernsehen angerufen. Und dann erreichen wir die Stadt Bodo mit seinen 42‘000 Einwohnern. Das rasterförmig angelegte Verwaltungszentrum des Bezirks Nordland bietet mit seinen „modernen“ Betonhäusern aus den 1950er-Jahren auch nicht den Charme anderer norwegischen Holzhausstädtchen. Denn der gesamte Stadtkern wurde während des Zweien Weltkrieges im Mai 1940 fast vollständig zerstört. Auch heute noch hört man immer wieder NATO-Flugzeuge über die Stadt fliegen, denn hier befindet sich der wichtigste Militärstützpunkt Nordnorwegens. Bodo ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt und Endstation der 1962 bis hierher fortgeführten Nordlandbahn von Trondheim. 1816 erhielt der Ort Stadtrechte, aber erst die Heringsfischerei in der zweiten Hälfte des 19. Jh. förderte eine raschere Entwicklung. Heute ist Bodo eine lebhafte Handelsstadt mit einem regen Hafenbetrieb. Nicht nur die Fähren zu den Lofoten, sondern auch die süd- und nordwärts fahrenden Schiffe der Hurtigrute legen hier an. Ein Flugplatz bietet Anschluss an das skandinavische Flugnetz. Mehrere Fabriken, eine Werft und einige Fachschulen tragen zum wirtschaftlichen Wohlergehen der Stadt bei. Aber auch die Kultur kommt nicht zu kurz. Dank zahlreicher Musikfestivals gilt Bodo als „Musikhauptstadt Nordnorwegens“. Auch hier kennt sich Rico wieder bestens aus und so weiss er ein Plätzli gleich beim Hafen, das uns zum Übernachten dient.

Schon um 9:00 Uhr klingelt unser Telefon. Der Mann vom Fernsehen ist dran und fragt ob wir heute Zeit hätten ein Interview zu geben. Da Monika immer noch im Bett liegt, schaffen wir es frühestens um 9:30 h parat zu sein. Um 9:45 h fährt der Videojournalist Kare vor und wir besprechen die Einzelheiten. Seine Idee: ausserhalb von Bodo einige Filmaufnahmen und zum Schluss ein Interview zu drehen. Kare fährt bei uns mit. Vorher wird Rico mit einem Funkmikrofon ausgerüstet. Kaum losgefahren fängt er mit seiner riesigen Kamera, die kaum Platz in unserer Kabine hat, wie wild an zu filmen. Er führt uns an einen wunderschönen Ort mit herrlicher Kulisse. Es wird gewendet, posiert, und wieder gewendet, gefilmt, alles aufgemacht, wieder zugemacht, erklärt, diskutiert, neu in Szene gesetzt und zum Schluss werden wir einzeln interviewt, wobei er uns diverse Fragen stellt, die wir auf Englisch beantworten müssen, sollten. Ist aber kein Problem für uns. Nach gut 2½ Stunden ist das ganze Material im Kasten. Zu guter Letzt verrät er uns, dass die ganze Sache heute Abend im regionalen wie auch im nationalen Fernsehen gesendet wird. Auch wird er versuchen bis morgen eine DVD-Kopie für uns zu erstellen. Danach gehen wir zu Fuss in die Stadt und spekulieren darüber wie das wohl auf Norwegisch klingen wird. Der Platz der Filmaufnahmen hat uns so gut gefallen, dass wir den gleich für heute Nacht in Beschlag nehmen werden. Am späteren Abend klingelt schon wieder unser Telefon und der Mann mit dem alten Mercedes ist dran. Man erinnere sich. Vor 10 Minuten habe er uns im Fernsehen gesehen (er war ja derjenige der alles ausgelöst hat). Also wurde es tatsächlich gesendet.

Heute werden wir mit der Fähre von Bodo auf die Lofoten übersetzen. Unser Schiff fährt erst um 16:30 h, Tickets gibt’s an Bord, Vorreservierung nicht nötig. Und schon ruft wieder Kare an und teilt uns mit, dass der Beitrag gestern 2x gesendet wurde. Wie gesagt Regional und National. Er hätte auch eine Kopie bei der Rezeption des Fernsehens NRK für uns deponiert. Wir machen uns und unser „Hüsli“ startklar und holen zuerst die besagte DVD. Danach gehen wir nochmals in die Stadt und schon haben wir die ersten Reaktionen. Die Leute schauen und winken uns zu. Wir kaufen das Nötigste ein und gehen dann aufs Schiff. Inzwischen hat sich das Wetter dramatisch verschlechtert. Hoffentlich ist das auf den Lofoten besser, denn die Überfahrt kostet uns stolze Fr. 369.--. 4 Stunden dauert die Fahrt nach Moskenes. Draussen ist es kalt und neblig und als es schon fast dunkel ist, erreichen wir die meistbesuchten, vielumschriebenen Inseln der Lofoten. Für uns gilt es, als erstes einen Übernachtungsplatz zu suchen. Den finden wir am untersten Zipfel, da wo die Strasse aufhört, in der Ortschaft A. Hoffentlich ist das Wetter morgen etwas besser.

In der Nacht hat es sogar geschneit. Es ist kalt und neblig, scheint kein schöner Tag zu werden. Genau dieses Wetter wünscht man sich nicht auf den Lofoten. Deshalb fahren wir auch gar nicht so weit. Wieder zurück bis Moskenes und noch einige Kilometer weiter. Zwischendurch halten wir, um Fotos zu machen und stellen uns vor, wie es wohl wäre bei schönem Wetter. Schon nach 16 Kilometern erblicken wir einen gut gelegenen Platz mit super Sicht auf das Meer. Um nicht zu weit bei schlechtem Wetter zu fahren, beschliessen wir für heute hier zu bleiben, in der Hoffnung, dass es Morgen besser ist.

Schon früh scheint die Sonne in unser „Hüsli“ und weckt uns. Stahlblauer Himmel und Sonnenschein erwartet uns draussen. Unsere Entscheidung, nicht weiter zu fahren war goldrichtig. Heute ist das Wetter perfekt. Das Landschaftsbild der Lofoten ist gewaltig. Wie ein untergetauchtes, schroffes Hochgebirge wirkt jene Inselwelt mit ihren beängstigend engen Sunden. Die Lofoten bestehen aus einer durch den Vestfjord vom Festland getrennten bergigen Inselkette, die fast 150 km lang ist und sich von Nordosten nach Südwesten in den Ozean hinauszieht. Die vier grossen Inseln Austvagoy, Vestvagoy, Moskenesoy und Flakstadoy sowie einige mittelgrosse schliessen sich so nahe aneinander an, dass sie aus der Ferne den Eindruck eines lang gestreckten, zackigen Gebirgskamms machen. Ein Schwarm von Holmen und Schären umgibt die Hauptinseln. Überall öffnen sich Buchten und Fjorde mit bis zu 1000 m ansteigenden Felswänden. Die Berge haben alpine Formen und eigentümliche steile Gipfel. An Fahren ist kaum zu denken. Immer wieder müssen wir halten zum Fotografieren, Filmen und Staunen. Diese grandiose Landschaft ist eindeutig als Highlight von Norwegen zu bezeichnen. Der Fischfang spielt auf den Lofoten eine grosse Rolle. Meterhoch ragen die markanten, dachförmigen Trockenfischgerüste entlang der Küste auf, gefüllt mit kopflosen, ausgenommenen Fischen, die man paarweise zusammengebunden hat. Sie zeugen von einer jahrhundertealten Tradition, die seit jeher eine wichtige Wirtschaftsgrundlage der Lofotfischer bildete; das Konservieren der Fische durch einfaches Trocknen an der kalten Luft. Wir erreichen den kleinen Ort Ramberg, das Verwaltungszentrum der Insel Flakstadoy. Dem offenen Meer zugewandt, haben die 300 Einwohner Blick auf den herrlichen, weissen Sandstrand von Ramberg. Es ist schon eindrücklich, der weisse Sandstrand umgeben von Schneebergen die ins klar blaue Wasser reichen. Immer wieder bemerken wir, dass wir zuerst bestaunt werden und danach winkt man uns zu. Unser blaues „Hüsli“ erregt Aufsehen im Dorf. Man kennt‘s vom Fernsehen. Wir versuchen auch unseren Wassertank zu füllen. Jetzt ist unser Wasser nicht mehr gefroren sondern leer. Auch das Trinkwasser geht dem Ende zu. Trinkwasser können wir zwar ohne Probleme kaufen, aber Duschwasser scheint nicht so einfach erhältlich zu sein, da die aussen montierten Wasserhähne nicht in Betrieb sind. Plötzlich bekommt der Begriff Frischwasser eine ganz andere Bedeutung. Wir fahren bis Leknes und versuchens an der Tankstelle. Aber auch da keine Chance. Halt ohne Wasser finden wir ein idyllisch gelegenes Plätzli mit super Aussicht und geniessen das Panorama.

Leider können wir auch heute nicht duschen und uns nur notdürftig waschen. Denn wir haben ja kein Wasser mehr. Aber das gute Wetter hält uns bei guter Laune. Es scheint wieder ein prächtiger Tag zu werden. Wir fahren noch mal in die Stadt Leknes um diverse Einkäufe zu machen. Danach wählen wir die Route der Küste entlang Richtung Svolvaer. Schon nach kurzer Fahrt öffnet sich uns ein prächtiges Panorama über ein Fjord mit den schneebedeckten Bergen im Hintergrund. Allsamt von der Sonne postkarten-ähnlich in ein perfektes Licht gesetzt. Ja, es wirkt schon fast etwas kitschig. Sofort halten wir am Strassenrand und nutzen die davor liegenden Steine und Felsen für ein Fotoshooting. Alles wird in Szene gesetzt und wir knipsen was das Zeug hält. Autos die vorbeifahren, stoppen kurz um uns zuzuwinken oder rufen ein lautes Hallo. Ein Auto dreht um und kommt zurück, der Fahrer steigt aus und spricht uns sofort in einem begeisterten Ton an. Ich bin Max und habe euch im Fernsehen gesehen !... bla, bla, bla. Er fragt, wies so läuft und wir antworten: bis auf das Wasserproblem perfekt. Oh kein Problem, sagt Max, ihr könnt den Tank bei mir auffüllen und gleich noch einen Kaffee trinken. Mein Haus ist gleich da vorne. Kommt nach getaner Fotosession einfach vorbei. Das schöne Haus von Max hat die perfekte Lage. Direkt am Fjord mit einer traumhaften Sicht auf die Berge als Kulisse. Da der Wasserschlauch vom Haus bis zur Strasse um ca. 1 m zu kurz ist, manövrieren wir halt den Anhänger gleich in den Garten von Max. Und schon läuft frisches Wasser in unseren Tank. Derweilen trinken wir im Wohnzimmer Kaffee und plaudern. 700 l frisches Wasser nehmen wir von Max mit. Zum Glück hat er eine eigene Quelle. Es ist schön, solch nette und spontane Menschen wie Max zu treffen. Die Welt müsste voll von solchen Leuten sein. Dank ihm hatten wir auch mal die Gelegenheit in das Innere eines norwegischen Hauses zu sehen. „Herzlichen Dank Max“. Nur einige Kilometer weiter, können wir unser „Hüsli“ direkt am Fjord parken und so beschliessen wir, gleich hier zu bleiben um so diese Berg- und Fjordwelt so lange wie möglich zu geniessen und in uns aufzusaugen. Um ca. 17:30 h klopft es an unserer Tür, (die Klingel ist leider kaputt). Zwei junge Leute mit dem Fahrrad stehen draussen und laden uns spontan zum Abendessen in das 2 km entfernte Dorf Valberg ein. Dankend nehmen wir an. Da wir ja wieder Wasser haben, möchten wir aber zuerst duschen und so verabreden wir uns für ca. 19:00 h. Was ist nur los, heute scheint unser Glückstag zu sein. Die zwei Kilometer bis ins besagte Dorf gehen wir zu Fuss. Wir finden das kleine Häuschen in dem drei deutsche Gesellen auf Wanderschaft und der Besitzer wohnen problemlos. Auch sie haben uns im Fernsehen gesehen und wir tauschen Eindrücke und Erfahrungen aus. Man trifft auf Reisen immer wieder auf nette Leute, und macht so gute Bekanntschaften. Erst nach 22:00 h marschieren wir zurück zum „Hüsli“. Es ist ein schöner Spaziergang in der sternenklaren Winternacht. Wir richten unseren Blick immer wieder in den klaren Himmel, in der Hoffnung das Nordlicht zu sehen.

Am liebsten würden wir gerne noch lange hier bleiben. Aber wir wollen ja noch mehr sehen, also fahren wir weiter. Wieder auf der Hauptstrasse E10 erreichen wir die Abzweigung nach Henningvaer. An der vom 942 m hohen Vagallen überragten Südspitze von Austvagoy liegt Festvag. Von dort gelangen wir über eine Brücke zur typischen Fischersiedlung Henningvaer, inmitten einer Gruppe kleiner Inseln gelegen. Hier versammelt sich im Winter immer eine grosse Fischereiflotte. Gleich anfangs Dorf finden wir einen Parkplatz und gehen mit Fotoausrüstung bewaffnet zum Hafen, der auch „Venedig des Nordens“ genannt wird. Mit 600 Einwohnern ist Henningvaer eines der grössten Fischerdörfer und gehört zu den beliebtesten Fotomotiven. Viel ist nicht los an diesem Sonntag, bei einem Kaffee an der Sonne geniessen wir diese Ruhe. Zwischendurch knattert ein Fischerboot durch den Hafen, was das Kreischen der Möwen übertrifft. Eine herrliche Atmosphäre wobei der Geruch von getrocknetem Fisch in Luft nicht fehlen darf. Um einige Fotoaufnahmen reicher, verlassen wir das Fischerdorf und beanspruchen gleich Ausgangs Dorf einen Platz über Nacht (ohne Fischgeruch). Die Sonne wärmt unser Gesicht und wir sitzen noch lange auf unserem Balkon mit Blick aufs Meer.

Beim Aufstehen lassen wir uns Zeit. Immer noch mit Blick aufs Meer frühstücken wir und machen uns reisefertig. Bis Svolvaer ist es nicht mehr weit und so erreichen wir den Hauptort und das Verwaltungszentrum der Lofoten an der südlichen Küste der Insel Austvagoy. Die kleine Stadt hat etwa 4‘000 Einwohner, deren Zahl aber zur Zeit des Dorschfangs auf über 6‘000 ansteigt. Svolvaer ist der zentrale Fischereihafen, Verkehrsknotenpunkt und bedeutendster Handelsort der Inseln. Wir nutzen die Stadt um unsere Lebensmittel aufzufüllen. Danach suchen wir eine Internetverbindung, die wir in einem Hotel kostenlos bekommen. Wir müssen dringend unsere E-Mails prüfen um zu sehen, was, ob und wie es mit unserem Russland-Visum steht. Wichtige Post ist da, aber, Scheisse, irgendwas mit dem Visum scheint nicht zu klappen. Die benötigte Einladung aus Moskau ist nicht da. Warum, wieso, weshalb können wir nicht feststellen. Wir müssen nochmals ein neues Antragsformular ausfüllen und einreichen, was aber erneute 5 Wochen Wartefrist bedeutet. Je später wir durch Sibirien fahren können, umso mehr Winter wird es dann in Alaska und Kanada sein, was für uns nicht von Vorteil ist. Eine grosse Entscheidung steht nun an; sollen wir zu Plan B übergreifen? Plan B bedeutet unser „Hüsli“ von Hamburg aus auf den amerikanischen Kontinent zu verschiffen. Nach langem Hin und Her entscheiden wir uns für Plan B. Sofort wird telefoniert, diskutiert, verhandelt und organisiert. Wieder zurück bei unserem „Hüsli“ haben wir einen Zettel an der Windschutzscheibe. Scheisse, ist das ein Strafzettel und heute unser Pechtag? Nein, es ist eine Notiz von einem Deutschen, mit dem wir vor ca. 2 Wochen in Südnorwegen schon mal gesprochen haben. Auch er lädt uns zum Essen ein, was wir natürlich nicht ausschlagen. Manchmal ist die Welt doch klein.



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