Reisebericht vom 15. September 2009

Nun verlassen wir Fairbanks und fahren auf dem Parks Highway Richtung Süden. Der Parks Highway wurde erst 1971 in voller Länge für den Verkehr freigegeben. Streckenweise führt er durch eine fantastische Landschaft. Diverse Aussichtspunke lohnen immer wieder eine Unterbrechung der Fahrt. Die kleine Ortschaft Nenana nutzen wir für Kaffeepause. Hier schlug am 15. Juli 1923 US-Präsident Harding in einem symbolischen Akt den letzten Nagel in eine Eisenbahnschwelle der Alaska Railroad. Der indianische Ortsname „Nenashna“ besagt in etwa „Stelle, um zwischen zwei Flüssen zu lagern“. Das Städtchen am Zusammenfluss von Tanana und Nenana River ist ansonsten für das Nenana Ice Classic bekannt, eine Art Wette, bei der seit 1917 versucht wird, auf die Minute vorauszusagen, wann Ende April Anfang Mai das Eis des Tanana River aufbricht. Das wird mit Hilfe eines grossen Dreibeins aus Stahlrohr festgestellt. Das Gebilde steht ab März auf dem Eis und ist über eine Leine mit einem Uhrschalter verbunden. Bricht das Eis, bewegt sich das Dreibein und die Leine stoppt die Uhr. Wir beteiligen uns nicht an der Wette, weil wir nicht bis nächsten Frühling warten wollen.

Auf unserer Weiterfahrt erreichen wir den populären Denali National Park. Denali bedeutet „Der Hohe“ und ist die indianische Bezeichnung für den immer schneebedeckten Gipfel (6194 m). Benannt wurde der höchste Berg Amerikas und der Park einst nach dem ehemaligen US-Präsidenten William McKinley. Vor allem nördlich der Zufahrt zum Park hat sich ab Healy eine erhebliche Infrastruktur entwickelt mit Campingplätzen, Hotels, Motels, vielen B+Bs, Shops, Restaurants und den Anbietern von Touren zu Lande und zu Wasser. Leider reissen die Wolken um den Mt. McKinley im Hochsommer nur jeden dritten Tag auf, was aber noch keine Garantie ist, den Berg aller Berge wirklich zu Gesicht zu bekommen. Das Wetter steht nicht auf unserer Seite und die Prognosen für die kommenden Tage sehen schlecht aus. Trotzdem quartieren wir uns notgedrungen in einem Campingplatz ein und geben dem Wetter so eine Chance. Dieser Massenandrang von Touristen aus aller Welt ist gar nicht nach unserem Gusto.

Der Regen hat erneut eingesetzt, eine Besserung ist kaum zu erwarten. So entschliessen wir uns, nicht den teuren Parkeintritt zu bezahlen und nichts zu sehen. Dazu kommt, dass man nicht mit dem eigenen Fahrzeug im Park rumfahren darf und gezwungen ist, eine kostspielige Tour zu buchen. Dies alles ist uns „nur ein Berg“ nicht wert. Auf der Weiterfahrt vom Denali Park in Richtung Anchorage passieren wir einen der schönsten Abschnitte der Strecke, die Auffahrt zum Broad Pass über die Alaska Range. Etwa 50 km südlich der Passhöhe beginnt der Denali State Park. Hier befinden sich die besten Aussichtspunkte auf den Mt. McKinley entlang des Parks Highway. Nach knapp 10 km im Park erreichen wir den McKinley Viewpoint North, einen Parkplatz von dem man bei klarem Wetter einen sagenhaften Blick hat. Inzwischen hat der Regen aufgehört und es scheint eine Besserung in Sicht, also nutzen wir den Parkplatz als Campground. Eigentlich kein romantisches Plätzchen, aber wenn wir hier die wolkenverhangene Nacht verbringen, haben wir am nächsten Morgen eine weitere Chance für den Blick auf den Berg der Berge. Wow, wir müssen gar nicht bis zum Morgen warten, bereits am späteren Abend zeigt sich der Berg (und dies kostenlos).

Am Morgen ist es schon wieder bewölkt und der Berg verschwunden. Dafür sind nun umso mehr Touristen an diesem magischen Ort. Da der Berg nicht zu sehen ist, werden wir mit Fragen, die wir schon zu tausenden Malen beantwortet haben, bombardiert. Und dabei sind wir doch erst beim Frühstück und unser Info Office ist noch nicht geöffnet. Wir beschleunigen den sonst so schönen und gemütlichen Akt des Frühstückes, verlassen den Viewpoint und fahren weiter Richtung Süden. Vorbei an Wasilla erreichen wir nach einigen Fahrstunden Anchorage. Anchorage ist heute das wirtschaftliche Zentrum Alaskas mit einer – für diese Stadtgrösse – (283‘000 Einwohner) immens ausgedehnten kommerziellen Infrastruktur südlich und westlich der überschaubaren Innenstadt. Wir rasen mit dem Saurer mitten durch das Stadtzentrum und verlassen Anchorage gleich wieder. Wir werden notgedrungen nochmals in die Stadt kommen, nachdem wir den Süden und die Kenai Peninsula unsicher gemacht haben.

Von Anchorage zur Kenai Peninsula, einer der attraktivsten Regionen im südlichen Alaska, geht es auf dem Seward Highway. Der erste Abschnitt dieser gut ausgebauten Strasse läuft am Turnagain Arm entlang. Dort ist der Gezeitenwechsel mit 11 m Tibenhub der zweithöchste in Nordamerika; bei Ebbe bleibt im breiten Fjord nur noch ein schmaler Streifen Wasser. Etwa 60 km nördlich von Seward zweigt der Sterling Highway nach Homer an der Westseite der Kenai Peninsula vom Seward Highway ab. Die beiden Haupt- und wenige Nebenstrassen erschliessen nur Randgebiete und schmale Streifen im Inneren der Halbinsel. Der grösste Teil ihrer Fläche steht als weitgehend unzugängliche Kenai National Wildlife Refuge und Kenai Fjords National Park unter Naturschutz.
Eisfelder, darunter das 800 km2 grosse Harding Icefield, bedecken riesige Gebiete im Osten und Süden.

Lohnt es sich, den Sterling Highway bis nach Homer hinunter zu fahren und dann auch wieder zurück? Sehenswürdigkeiten, die den weiten Weg nach Homer absolut unverzichtbar machen, gibt es kaum. Trotzdem meinen wir, der Weg lohnt sich. Auf dem ersten Abschnitt durch das „Herz“ Kenais passieren wir zahlreiche Seen und Flüsse. In Soldotna (3’800 Einwohner) überqueren wir den Kenai River, der wegen seines Bestandes an Forellen und riesigen Lachsen unter Sportfischern einen legendären Ruf besitzt. Wie Hühner auf der Stange stehen die Fischer knietief am Flussrand und hoffen auf einen guten Fang. Auf seiner zweiten Hälfte folgt der Sterling Highway der Uferlinie des Cook Inlet. Vieles an dieser Küste erinnert an die russische Besiedelung Alaskas, z.B. das malerische Ninilchik Village mit einer orthodoxen Kirche auf einem Hügel. Eine Schotterpiste führt hinunter zum Strand. Das Wetter ist super, die Lage perfekt, und so beschliessen wir wieder mal am Meer zu schlafen.

Nach der guten Meeresluft fahren wir weiter und erreichen Anchor Point. Hier folgen wir der 2 km langen Anchor River Road bis zum Ende. Nun dürfen wir von uns behaupten, am westlichsten, auf durchgehender Strasse erreichbaren Punkt Nordamerikas gewesen zu sein, nur 3° östlicher als Hawaii. Die genaue geographische Länge ist: 151° 52´. Ab Anchor Point wendet sich die Strasse allmählich ostwärts. Der Sterling Highway endet in Homer (5‘500 Einwohner) auf dem sog. Spit, einer 7 km langen, schmalen Sandzunge. Homer nennt sich Halibut Fishing Capital of the World, wo Sportfischer beim alljährlichen „Halibut Derby“ Heilbutte von bis zu 170 kg Gewicht aus dem Meer ziehen. Am Spit herrscht in den Sommerwochen sehr viel Betrieb. Uns gefällt dieser magische Ort auf Anhieb. Camping ist an markierten Stellen erlaubt. So suchen wir uns ein geeignetes Plätzli, natürlich direkt am Meer und geniessen die Sonne und das Treiben.

Eine Schlechtwetterphase kündet sich von Westen her an. In den kommenden Tagen soll das Wetter umschlagen, deshalb verlassen wir nach dem Frühstück Homer Spit. Wir müssen den gleichen Weg auf dem Sterling Highway zurück fahren um wieder auf den Seward Highway zu gelangen. Der Strassenverlauf durch die Kenai Mountains ist wunderschön. Bäche und Seen laden uns immer wieder zu einem Zwischenstopp ein. Nachdem wir den Moose Pass überquert haben, hat uns das schlechte Wetter schon eingeholt. Etwa 6 km vor Seward zweigt die Exit Glacier Road von der Hauptstrasse ab. Fast am Ende dieser Stichstrasse liegt der Exit Glacier. Ein kurzer Trail führt vom Parkplatz am Ende der Strasse bis an den Fuss des zum Harding Icefield gehörenden Gletschers. Nirgendwo sonst im Kenai Fjords Nationalpark kommt man so leicht an einen Gletscher heran. Den dramatischen Rückgang des Gletschers dokumentieren Markierungen mit Jahreszahlen. Nachdem wir das Eis des Gletschers mit unseren Fingern berührt haben, fahren wir ein Stück auf der Strasse zurück und übernachten wieder mal direkt an einem Fluss.

Oh nein, schon am frühen Morgen wird unser Gesicht mit Regentropfen gewaschen. Trotzdem fahren wir die wenigen Kilometer bis Seward. Das Städtchen an der Resurrection Bay zwischen hohen Bergen zeigt sich uns leider von der Regenseite. Seward, 2’600 Einwohner, ist im Sommer populäres Ziel zahlreicher Wochenend-Touristen, die in Zelten und Wohnmobilen rund um die Bay campen. Schon 1791 diente die Bay dem Russen Alexander Baranov als Schutzhafen vor einem Sturm. Es stinkt uns, uns zwischen die schon überzählig vorhandenen Wohnmobile zu quetschen. Dazu ist keine Wetterbesserung in Sicht, also verlassen wir nach einem kleinen Spaziergang Seward wieder auf dem gleichen Weg. Dafür wagen wir einen Abstecher zum Portage Glacier. Der Ort Portage am äussersten Ostende des Turnagain Arm wurde beim Erdbeben 1964 vollkommen zerstört. Südlich der Brücke über den Portage Creek zweigt der Portage Glacier Highway zum Portage Lake ab. Im Gletschersee treiben noch immer Eisschollen. Am Ufer steht ein eindrucksvolles Visitercenter mit Restaurant, wo wir uns mit einer Fischsuppe stärken. Erneut erkundigen wir uns über die Wettervorhersage, keine Besserung in Sicht: Regen, Regen, Regen. Etwas abseits der Strasse entdecken wir wieder mal einen kleinen See mit einem wie für uns geschaffenen Bleibe-Platz. Wegen dem Regen kommt unser Wintergarten wieder zum Einsatz. Und so harren wir aus.

Das Wetter ist zwar noch nicht sehr viel besser, aber zumindest hat der Regen aufgehört. Wir fahren erneut dem Turnagain Arm entlang und erreichen so wieder Anchorage. Diesmal nehmen wir die Stadt etwas genauer unter die Lupe. Anchorage liegt am Ende der tief ins Land reichenden Bucht Cook Inlet und wird umschlossen von dessen Ausläufern. Die Kenai Mountains im Süden halten einen Grossteil des vom Pazifik kommenden Regens ab. Die Sommer sind an der Küste kühler, die Höchsttemperaturen in Anchorage liegen bei ca. 18°C durchschnittlich. Erstaunlicherweise tut dieses Klima dem Wachstum der bunten Blumenpracht, die in Rabatten, Kübeln und insgesamt 100‘000(!) Hängekörben gedeiht und der Innenstadt ein freundliches Flair verleiht, keinen Abbruch. Die Gründung von Anchorage im Jahr 1915 geht ausnahmsweise nicht auf Goldsucher zurück; Pate stand vielmehr die Alaska Railroad. Nach einem ausgedehnten Stadtrundgang in diversen Souvenir-Shops und Läden, gehen wir einkaufen. Das allgemeine Preisniveau ist niedriger als anderswo in Alaska, speziell gilt dies für den Supermarkteinkauf, für Fast Food und Benzin/Diesel. Natürlich wollen wir davon auch profitieren und füllen unsere Lebensmittel sowie alle Dieseltanks bis an den Rand auf.

Von Anchorage fahren wir nach Palmer. Palmer liegt im Herzen des fruchtbaren Matanuska Valley, der bedeutendsten Landwirtschaftsregion Alaskas. Die Region bietet mit jährlich 165 frostfreien Tagen und der extrem langen sommerlichen Sonnenscheindauer ideale Wachstumsbedingungen für zahlreiche Gemüsearten. Ab Palmer wählen wir den Glenn Highway, der Anchorage mit dem Richardson Highway und so mit Valdez verbindet. Der landschaftlich reizvolle Abschnitt des Glenn Highway ist die erste Hälfte der Strecke bis zum Eureka Summit. Höhepunkt der Etappe ist der Matanuska Gletscher, den wir von der hochgelegenen Strasse aus sehr gut überblicken können. Vom Eureka Summit, mit 1013 m höchster Punkt des Glenn Highway, haben wir einen grossartigen Blick auf den Nelchina Gletscher in den schneebedeckten Chugach Mountains im Süden. Bei Glennallen treffen wir nun auf den Richardson Highway. Der Richardson Highway verbindet Valdez mit dem Alaska-Kernland. Parallel zur Strasse läuft die uns schon aus dem Norden bekannte Trans–Alaska Pipeline und kreuzt sie mehrmals. Nur wenige Kilometer vor dem Thompson Pass liegt der grandiose Worthington Gletscher. Der zum Anfassen nahe Gletscher ist über eine kurze Stichstrasse leicht zugänglich. Leider ist der Himmel wolkenbedeckt und uns eine perfekte Sicht verwehrt. Wir machen trotzdem einige Fotos. Da wir bei der Rückfahrt von Valdez nochmals hier vorbeikommen, haben wir ja noch eine zweite Chance. Nach ein paar Kilometern erreichen wir den Thompson Pass (816 m). Die feuchten pazifischen Westwinde sorgen in diesem Bereich für Schneerekorde. Leider ist es gerade neblig und Wolken liegen über der Landschaft. Wir sehen gar nichts. Aber wirklich rein gar nichts! Nach dem Pass verzieht sich der Nebel wieder langsam, aber die Wolken bleiben und der Regen setzt sich beim Erreichen von Valdez wieder durch.

Am nächsten Morgen regnet es leider immer noch. So ein Mist. Wir machen trotzdem einen Spaziergang durch die kleine Stadt Valdez mit seinen 4‘100 Einwohnern. Die Stadt ist pittoresk von Gletschern und schneebedeckten Bergen umgeben. Entstanden ist Valdez 1897/98 als Ausgangspunkt der durch Falschberichte über Goldfunde am Copper River angelockten Prospektoren auf ihrem Marsch in das Landesinnere und wurde später als Terminal der Trans-Alaska Pipeline bekannt. Wir müssen leider an dieser Stelle zugeben, dass wir uns Valdez anders und attraktiver vorgestellt hatten. Das macht nicht nur der Regen aus, dass Valdez auf uns eher unübersichtlich und lieblos wirkt. Die Tatsache, dass 1964 ein Tsunami, der durch ein Seebeben ausgelöst worden war, Valdez derart zerstörte, dass der Ort neu aufgebaut werden musste, ändert auch nichts daran. Weltweit wurde der Ort 1989 bekannt durch die folgenschwerste Tankerhavarie der US-Geschichte.

Es macht den Anschein, dass der Regen Valdez nicht verlassen will. Also verlassen wir eben Valdez. Nach ca. einer Stunde erreichen wir wieder den Thompson Pass. Diesmal haben wir etwas mehr Glück und der Pass ist nicht Nebelverhangen. Auch beim Worthington Gletscher sind wir heute besser dran. Also machen wir nochmals einen Stopp. Wer will, kann auf eigenes Risiko bis zum Gletscher laufen. Rico steigt unüberlegt auf den Gletscher und freut sich über sein Heldentum. Monika dagegen ist ganz und gar nicht damit einverstanden, wer weiss schon, wo sich eine Gletscherspalte befindet. Nur mit Mühe gelingt es ihr, ihn zu stoppen. Schlussendlich geht man doch besser gemeinsam an der Seite mit Vorsicht und Köpfchen. Nach genügend Kletterspass fahren wir auf dem Richardson Highway weiter. Wir bleiben bei einem schönen Aussichtspunkt mit Panorama Blick auf die Wrangell Mountains stehen. Der Mount Sanford (4949 m) färbt sich in der untergehenden Sonne kitschig rot – wunderschön!

Zurück auf dem Richardson Highway führt dieser bei Copper Center um die als Handelsposten kurz vor dem Goldrausch gegründete Siedlung herum. Wenig nördlich davon passieren wir den Wrangell-St. Elias National Park, der zusammen mit dem Kluane National Park im Yukon Territory eines der weltweit grössten Gebiete unberührter Bergwildnis umschliesst. Ab Gakona Junction geht es auf dem Tok Cutoff Richtung Alaska Highway weiter. Die Strecke bietet keine überragenden landschaftlichen Höhepunkte.

Heute werden wir Alaska verlassen. Nach wenigen Kilometern erreichen wir zum zweiten Mal die Ortschaft Tok und treffen so wieder auf den Alaska Highway. Der Kreis unserer Alaska Rundreise schliesst sich somit. Irgendwie schade, aber so langsam ist die Reisezeit für Alaska zu Ende, da die Temperaturen stetisch sinken und der Regen überhand nimmt. Wir werden zwar noch einmal nach Alaska kommen, aber nur für einen kurzen Besuch der Stadt Haines. Da in Kanada der Diesel etwas teurer ist, nutzen wir Tok zum Tanken und fahren weiter Richtung Grenze. 1983 wurde die kanadische Grenzstation aus Beaver Creek heraus ein Stück nach Norden verlegt. Nach dem Kontrollpunkt fahren wir auf kurviger Strecke zum 30 km entfernten, ganzjährig rund um die Uhr geöffneten Grenzübergang. Keine Kontrolle, nur einige Fragen warum, wieso und weshalb und schon sind wir wieder in Kanada.



Fotogalerie

Klicken Sie hier, um zur Galerie zu gelangen.


Reiseroute durch Alaska