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| Reisebericht vom 31. Dezember 2010 |
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Bevor wir Las Vegas wieder verlassen um zu unserem nächsten Abenteuer aufzubrechen, müssen wir noch Geld wechseln. Und genau dies erweist sich als nicht ganz einfach. Obwohl man doch der Meinung ist, dass es ohne grosse Mühe möglich sein sollte Euros in US$ umzutauschen. In einer Bank treffen wir auf eine Dame am Schalter, die noch nie zuvor Euro-Banknoten gesehen hat. Kritisch vergleicht sie jede Note mit Hilfe eines Bildes an ihrem PC. Wir wollen eigentlich nur 1‘200 Euros umtauschen. Nicht übertrieben; die Dame zählt die Noten Minimum 12-mal durch. Rico kommentiert das Ganze mit der Bemerkung, sie könne es noch 10-mal zählen, es wird bestimmt nicht mehr. Ich habe es auch schon versucht. Als das Geschäft nach 45 Min. fast abgeschlossen ist, erhält sie nun den Hinweis, dass man uns nur den Betrag von 600 Euros wechseln kann. Also geht die Zählerei von vorne los. Zum Schluss erhalten wir doch noch US$ und wir können unsere Reise starten. Auf dem Highway 15 verlassen wir die Stadt Richtung Süden. Den Hoover Dam gilt es nun zu besichtigen. Nach ca. 30 km erreichen wir die Stadt Boulder City. Die einzige Stadt in Nevada mit Glücksspielverbot.
Der bereits 1936 fertiggestellte, 223 m hohe Hoover Dam ist immer noch die Nr.1-Touristenattraktion ausserhalb der Stadt Las Vegas. Vor allem die Einbettung des Damms zwischen steil aufragenden Canyonwänden macht ihn zur viel fotografierten Sehenswürdigkeit. Der für den Bau notwendige Beton hätte für eine Strasse von San Francisco nach New York ausgereicht. Genau in der Mitte des Damms verläuft die Grenze zwischen Nevada und Arizona. Nach dem Damm fahren wir durch weite, schier endlos wirkende Wüstenlandschaft. Nach einer guten Stunde Fahrt erreichen wir die Abzweigung zum Grand Canyon West und dem berühmten Skywalk. Gleich bei der ersten Siedlung, die grösstenteils aus Wohn-Containern besteht, holen wir uns bei einer Tasse Kaffee die ersten Infos. Das Wetter ist perfekt, und so beschliessen wir den Abstecher zum Canyon zu machen. Zuerst heisst es 28 Meilen Richtung Nordosten und dann weitere 21 Meilen auf Schotterstrasse bis zum Ende zu fahren. Die Suqai Indianer haben sich auf ihr Gebiet ein riesiges Touristen-Zentrum mit aufwendiger Infrastruktur und Flugplatz gebaut. Logischerweise wird Eintritt verlangt, aber für heute sind wir schon zu spät. Eine nette Dame verrät uns, dass wir ohne Probleme ausserhalb des Indianer-Reservoirs irgendwo in der Wildnis übernachten können. Genau so gefällt es uns. Also suchen wir uns einen Platz zwischen Kakteen und Gebüschen und richten uns für die Nacht ein.
Mit Sonnenschein werden wir geweckt. Stahlblauer Himmel, einfach perfektes Wetter. Wir fahren zurück zum Besucher-Zentrum, wo man das Fahrzeug stehen lassen muss. Nachdem wir den Eintritt von US$ 43.- p. P. bezahlt haben, geht es mit einem Shuttlebus weiter zu den diversen Aussichtspunkten. Zuerst erreichen wir den berühmten Grand Canyon Skywalk. Bereits 2003 begann man mit dem Bau. Am 21. März 2007 war es endlich soweit und die Glass-Bridge at Grand Canyon wurde eröffnet. Aber wer annimmt, der hufeisenförmige über den Rand der Schlucht ragende Glasboden sei im Nationalpark angesiedelt, irrt. Die Suqai-Indianer haben ihn sich auf ihr Gebiet weitab bekannter Regionen im Bereich Grand Canyon West bauen lassen. Wer gern 1‘200 m Nichts zwischen sich und dem Colorado River sehen möchte, muss für den Skywalk noch weitere 25 US$ pro Person hinblättern. Der Canyon ist wirklich eine Attraktion. Gewaltig und perfekt ins Licht gerückt liegt er majestätisch und in allen Farben vor uns. Bleiben kann man so lange man will, herumklettern und fotografieren was das Zeug hält. Wir können uns kaum satt sehen. Kurz vor Sonnenuntergang fahren wir wieder aus dem Indianer-Gebiet und übernachten gleich nochmals bei den Kakteen. Dabei erleben wir einen wunderschönen Sonnenuntergang. War ein super Tag, etwas teuer, aber super. Hat sich gelohnt.
Die Fahrt bis Kingman ist nichts Besonderes. Auch die Stadt hat keine besonderen Sehenswürdigkeiten, aber eignet sich gut für uns, um unsere Lebensmittel aufzufüllen. Beim Tanken spricht uns ein Einheimischer an und will natürlich einiges über unseren Saurer wissen. Beiläufig erwähnt er, dass er auch einen kurligen Truck besitzt. Nach einigem Wortwechsel verabschiedet er sich und fährt ein paar Minuten später mit seinem wirklich skurrilen Gefährt vor. Einem alter Chevrolet Pick up auf ein US Army Truck Chassis gebaut. Sofort wird bestaunt, verglichen und fürs Foto posiert. Etwas ausserhalb der Stadt Kingman verläuft ein Teil der berühmten Historik Route 66. Die alte Route 66 wurde leider zu grossen Teilen durch den Highway ersetzt. Aber von Kingman bis Williams besteht noch ein Abschnitt, den wir natürlich fahren. Diese einst von Chicago nach Los Angeles führende transkontinentale Landstrasse hatte mit der Eröffnung von Interstate-Autobahnen, die teilweise über Hunderte von Meilen ihrer alten Trasse folgten, ausgedient. Die verbliebenen Teilabschnitte und die an ihnen liegenden Orte mit einer auf den Fernverkehr ausgerichteten Infrastruktur verkamen. Die Route 66 bzw. das, was davon übrigblieb, wird nichtsdestoweniger gerne verklärt. Die Strecke von Kingman über Seligman nach Williams vermittelt uns einen gewissen Eindruck vom Verlauf der alten Route 66. Ausser ein paar alten Schildern, dem einen oder anderen „Diner“ im Stil der 1950er-Jahre und heruntergekommenen und deshalb wieder reizvollen Saloons hier und dort kennzeichnet eher Verfall die alte Hauptstrasse. Die „Orte“ am Wege bestehen überwiegend aus nichts weiter als einer Handvoll gammliger Strukturen aus besserer Zeit. In Williams fahren wir durch das kleine Stadtzentrum, das wie ausgestorben wirkt. Am Ende der Stadt liegt ein wirklich gut gemachter Campground, der eine Mischung zwischen Route 66 und Grand Canyon darstellen soll. Wir beschliessen hier zu übernachten, obwohl wir 30 US$ löhnen müssen. Dafür gibt’s Strom und Internet dazu.
Wir verlassen Williams und fahren die gut 100 Meilen nach Tusayan Grand Canyon South Rim. Die Strecke verläuft schnurgeradeaus aber mit einem stetischen Anstieg. Es dünkt uns, dass unser „Hüsli“ heute sehr gut gelaunt ist, da es wirklich zügig vorwärts kommt. So rasen wir über den Highway, dem schlechten Wetter entgegen und erreichen den Ort Tusayan; die letzte Station vor dem Grand Canyon. Um noch in den National Park zu fahren ist es uns schon zu spät, denn in den National Parks der USA ist es verboten, wild zu campieren. Aber hier ausserhalb kann man sich im Wald ein Plätzchen suchen. Genau so machen wir‘s und verschwinden über eine Holperpiste im Wald. In der Nacht hat es zünftig zu regnen begonnen. Schade, denn es ist neblig und ein richtiges Sauwetter. Nicht geeignet um den Grand Canyon zu sehen. Wir haben ja Zeit, also bleiben wir in unserem warmen „Hüsli“ und hoffen auf morgen.
Tatsächlich ist das Wetter heute besser. Also verlassen wir unseren Wald-Platz und fahren in den Park. Beim Eingang kaufen wir den America the Beauutiful Annual Pass für US$ 80.-, was uns nun erlaubt, alle National Parks in den USA bis Ende Dezember 2011 zu besuchen. Nach kurzer Fahrt liegt er nun vor uns. Der gewaltige Grand Canyon. Er ist gigantisch und beeindruckend. Viel grösser als wir uns das je träumen liessen. Im Grand Canyon beidseitig der Schlucht gibt es zahlreiche Spuren vorkolumbischer Indianer-Besiedelung. Aber als eine erste spanische Expedition im Jahr 1540 die Schlucht erreichte, war sie menschenleer. Weitere Gruppen folgten und berichteten enthusiastisch vom Grand Canyon. Unsterblichen Ruhm erwarb sich der einarmige Major John Wesley Powell, als er es 1869 fertigbrachte, mit 4 Booten und einer Handvoll Leuten den Colorado River zu bezwingen. 1876 erkannte ein Fred Harvey die touristische Attraktivität des Grand Canyon und errichtete 1882 das erste Hotel am Grand View Point. Am Nachmittag fängt es leider wieder an zu regnen. Wir befinden uns hier immerhin auf fast 2500 m ü.M., was bedeutet, dass es sehr schnell recht kalt wird. Oh je, jetzt fängt‘s auch noch an zu schneien. Wollten wir doch eigentlich dem Schnee in der Schweiz entfliehen, so hat er uns hier wieder eingeholt. Die Sicht ist weg, und so fahren wir wieder aus dem Park und verkriechen uns erneut im Wald.
In der Nacht hat es geschneit so dass wir am Morgen mit einer Schneepracht erwachen. Oh je, bei diesem Wetter wird’s wohl wieder nichts mit dem Grand Canyon. Da wir nun schon mal hier sind, geben wir dem Wetter nochmals eine Chance und bleiben noch mal einen Tag hier stehen. Am Nachmittag bekommen wir von einer Herde Mule Deer (einer Art Hirsche) Besuch. Einige wagen sich ganz nah an unser „Hüsli“ heran. Auch ein schönes Erlebnis. Unsere Heizung vermag unser „Hüsli“ kuschelig warm zu halten.
Es hat aufgehört zu schneien, dafür ist es sehr neblig. Noch länger im Wald zu verharren, macht uns nicht an. Auch sind die Wetteraussichten für die kommenden Tage sehr schlecht. Beim Verlassen des Grand Canyons ostwärts klart es etwas auf. Wow super, jetzt können wir doch noch einige Blicke in den Canyon werfen. Rasant geht die Fahrt bergab, schnell verlieren wir an Höhe und gewinnen an Wärme. Bis Marble Canyon passieren wir rot-braun-gelbe Felslandschaften und kleine Cliff Dwellings, die Ruinen alter Klippendörfer. Beim Nest Marble Canyon überqueren wir, auf der einzigen Brücke zwischen Glen Canyon und Hoover Dam, den dort nur etwa 50 m tiefen Colorado River Canyon. Auf einer kleinen Stichstrasse fahren wir hinunter nach Lees Ferry, einer grünen Oase am Ufer des Colorado. Der einfache Lees Ferry Campground liegt auf einer Anhöhe vor einem herrlichen Panorama.
Von Lees Ferry fahren wir weiter, vorbei an den pitoresken Felslandschaften der Vermillion Cliffs. Auf einer Anhöhe haben wir einen herrlichen Blick über das ganze Tal. Die Strasse steigt enorm an, und so erreichen wir kriechend den Hochwald von Jacob Lake. Auf der Passhöhe (2400 m ü.M.) machen wir im einzigen Restaurant eine Kaffeepause. Wir sind auch die einzigen Gäste. Danach geht die Fahrt wieder rasant nach unten und so landen wir in Kanab, einer kleinen Ortschaft, die uns als Versorgungszentrum dient. Ab hier wendet sich unser Weg auf der Strasse 89 nach Norden. Nach einigen Meilen überqueren wir die Bundesgrenze nach Utah.
Bis nach Page sind es noch gut 30 Meilen. Nach 20 Meilen erreichen wir das Nordwest-Ufer vom Lake Powell. Vor uns taucht in der Bucht der „Lone Rock“ auf. Eigentlich sind wir an der Zufahrt schon vorbei als Rico plötzlich unser „Hüsli“ wendet. „Da geht eine Strasse runter, da muss ich hin.“ Am Ende der Strasse offenbart sich uns ein Bild wie im Märchen. Ein gewaltiger Sandstrand, umringt von mystischen Felsformationen und mittendrin der Lone Rock. Rico ist fast ausser sich, „genau hier will ich Weihnachten verbringen“. Wir beschliessen, zuerst nach Page zu fahren, um für einige Tage einzukaufen, damit wir dieses Märchen völlig geniessen können. Wieder zurück positionieren wir unser „Hüsli“ direkt am Wasser. Ausser Enten, Vögeln, Raben und Hasen sind wir die Einzigen. So guet, du…. Diesmal kommen nicht andere Touristen um uns zu begucken, diesmal sind es die Enten. Schnell haben wir mit Kuchen-Brösmeli Freundschaft geschlossen.
Eigentlich stellt man sich Weihnachten mit Schnee, Kälte und so weiter vor. Wir aber liegen hier am 24. Dezember vor unserem „Hüsli“ im Liegestuhl und sind der Meinung; auch das sind schöne Weihnachten – genau so haben wir uns das vorgestellt.
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Route bis Lone Rock, Page
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