Reisebericht vom 10. Januar 2012

Reisebericht 03

Es sind nur wenige Meilen bis zum Sabine River, der gleichzeitig die Staatsgrenze zwischen Texas und Louisiana bildet. Louisiana liegt an der Mündung des Mississippi River in Golf von Mexico. Louisiana hat zwei Beinamen: zum einen „Pelican State“, wegen des Wappenvogel und zum anderen „ Bayou State“-sumpfiges Gebiet. Und genau dieses Sumpfgebiet reizt uns und so beschliessen wir einen Abstecher dorthin zu machen. Wir fahren auf dem Highway 10 bis Sulphur Ab dort fahren wir in südlicher Richtung auf Nebenstrassen zum Sabine National Wildlife Refuge (NWR). Unterwegs halten wir beim Wetland Walkway. Hier bietet sich uns die Möglichkeit einen ca. 2 km langen Spaziergang durch die Sümpfe zu unternehmen. Nebst diversen Vogelarten könnte es hier auch möglich sein, dass Alligatoren den Weg kreuzen. Tatsächlich haben wir Glück und von einer Aussichtsplattform können wir einen Alligator beobachten, der gemütlich im sumpfigen Wasser liegt. Ab und zu hebt er den Kopf, so als würde er uns grüssen oder gedanklich sein Lunch-Paket vorbereiten. Nun ja, die Distanz ist wohl doch zu weit und das ist ihm auch bewusst. Wieder zurück beim „Hüsli“ folgen wir weiter der Strasse LA 27, die direkt beim Holly Beach am Golf von Mexico endet. Wow, auch hier die schönsten Häuser auf riesigen Stelzen. Und einen Sandstrand, der uns zum Bleiben einlädt. Erneut stellen wir unser „Hüsli“, etwas abseits der Häuser, in den Sand um hier nochmals einige Tage am Meer zu verbringen. Das Wetter ist voll auf unserer Seite.

Die Zeit am Strand nutzen wir um wieder mal zu relaxen und unserem Motorrad eine neue Einspritzdüse einzubauen. Am Mittwochabend zieht ein starker Wind auf. Wir sind in unserem „Hüsli“ gut geschützt aber manchmal wird es schon zünftig geschüttelt. In der Nacht werden wir durch heftigen, sturmartigen Regen aus dem Schlaf gerissen. Der Regen peitscht voll auf die Eingangstüre, so als würde jemand mit dem Gartenschlauch dagegen spritzen. Wie ein kleines Bächli läuft das Wasser unter der Türe durch. Nun, so können wir das nicht aufhalten, es gibt nur eines. Einer von uns muss raus um unseren Balkon (den Heckladen) zu schliessen und die Blache runterzulassen. Nur so ist der Eingang vor dem Wasser komplett geschützt. Es ist natürlich Rico der dran glauben muss und er beschliesst, sich gar nicht erst anzuziehen, weil sowieso alles nass werden wird. Nur in den Unterhosen stellt er sich der Herausforderung. Die ganze Sache dauert nur ca. 30 Sekunden. Super, wie manche Leute unter Druck schnell arbeiten können! Dafür darf jetzt wieder geschlafen werden.

Am Morgen hat der Regen aufgehört und die Sonne lacht uns an. Aber der ganze Strand steht unter Wasser und wir mitten drin. Uuii, mal sehen ob wir hier wieder rauskommen oder ob wir im weichen Sand versinken und bis zum nächsten Frühling warten müssen. Aber unsere 4x4 angetriebene Supervilla schafft das ohne mit dem „Rad“ zu zwinkern.
Wir fahren entlang der Küste und geniessen die schöne Sumpflandschaft. Mit einer Fähre müssen wir einen kleinen Fluss überqueren. Auch hier ist die Fähre wieder kostenlos, super. Wir schaffen es heute noch bis Abbeville.

Nur ca. 30 km von Abbeville entfernt liegt die Ortschaft Avery Island. Hier steht die Fabrik des weltberühmten Tabascos. Eine Besichtigung ist für Monika ein Muss, denn sie liebt scharfes Essen. Beim Eingang bezahlen wir symbolisch 1 Dollar Eintritt. Wir denken, jeder von Euch hat sich bereits einmal im Leben die Zunge verbrannt an der trüben, roten Flüssigkeit, die als „Tabasco“ mittlerweile in 130 Länder der Erde exportiert wird. Die Pfeffersauce wird 3 Jahre lang in ehemaligen Weinfässern gelagert, wobei Salz auf die Fässer gelegt wird, welches sich während dieser Zeit mit der Flüssigkeit verbindet. Erst nach der Lagerzeit wird unter anderem Essig dazugegeben. Auf einer kleinen Rundtour können wir den Herstellungsprozess von Tabasco verfolgen. Im Souvenirshop können wir die verschiedenen Tabasco-Produkte degustieren und kaufen. Es gibt alles Mögliche an Souvenirs mit dem Tabasco Label zu erwerben. Von der Krawatte über Trinktasse bis zum Topflappen ist alles vorhanden. Einige Sachen sind heute auch in unserem Besitz. Wieder zurück auf dem Highway 49 fahren wir in südöstlicher Richtung und schaffen es heute sogar noch bis nach Houma.

In den letzten Tagen ist uns vermehrt aufgefallen, dass sich ein gewisses Südstaaten-Klischee als richtig erwiesen hat. Vor den meisten Häusern steht ein alter Schaukelstuhl auf der Veranda, so wie wir Europäer das aus alten Filmen wie „Die Waltons“ kennen. Wer keinen Schaukelstuhl hat, bastelt sich aus alten Autositzen eine Schaukel. Auf jeden Fall ist immer etwas „schaukelbares“ vorhanden. Ab Houma ist es nicht mehr sehr weit bis nach New Orleans. Dass wir je einmal mit unserem „Hüsli“ nach New Orleans fahren, hätten wir uns schon nicht träumen lassen. 10 km ausserhalb vom French Quarter (Downtown) steuern wir den erstbesten Campground an. Der ist zu unserer Überraschung gar nicht so teuer. Für eine Handvoll Dollar können wir hier unser „Hüsli“ sicher abstellen und Frühstück gibt’s auch noch kostenlos dazu.

Nach dem Gratis-Frühstück machen wir uns, bewaffnet mit Fotoapparat und Videokamera, auf zur nächsten Bushaltestelle. Die ist gar nicht weit weg, aber bis ein Bus kommt, dauert es schon ein Weilchen. Bei uns in der Schweiz sind wir es gewohnt, dass alle 5 bis max. 20 Minuten ein Bus kommt. Hier fährt sage und schreibe einer alle 45 Minuten. Na ja, that’s the USA! Dafür kostet es nur 1.50 US Dollar pro Person für das ganze Netz.
In der Stadt angekommen laufen wir in den engen Gassen herum, bis wir zum Jackson Square Platz kommen. Ups, da sind alles Schwarze, Obdachlose, Suchtabhängige und so. Nun denkt wohl jeder: „ Oh, wenn das nur mal gut geht!“ Wird man uns hier wohl ausrauben? Dem ist aber nicht so. Kurzum werden wir von einem schwarzen, zahnlosen Obdachlosen zum Essen eingeladen. Auf dem Platz wird für die Bedürftigen gratis Essen und Getränke ausgegeben. Gekochten Schinken mit Kartoffelstock und Gemüse. Naja, wir sind zwar nicht wirklich obdachlos, aber bedürftig schon manchmal. Es muss an unserem Aussehen liegen. Rico ist unrasiert, trägt eine Wollmütze und alte Klamotten. Monika ist etwas zerzaust und unauffällig. So könnte man uns schon für Obdachlose halten. Sogar Passanten würdigen uns mit mitleidigen Blicken. Man wünscht uns Merry Christmas und wir verlassen die gemütliche Runde.

„Laissez le bon temps rouler“ oder „The Big Easy“: Es gibt viele Möglichkeiten, das Treiben in dieser einzigartigen Stadt am Delta des Mississippi zu beschreiben. Niemals wird man hier das Gefühl los, die Stadt feiert unentwegt eine einzige grosse Party. Selbst am „Morgen danach“, wenn der Müll des letzten Abends weggeschafft wird, scheint ein jeder nur darauf zu warten, die nächste vergnügliche Runde einzuleiten. Und auch trotz – oder vielleicht gerade wegen – der schweren Verwüstungen und Überschwemmungen nach dem Durchzug des Hurrikans „Katrina“, haben die Bewohner der Stadt nicht aufgegeben. Ohne Zweifel ist New Orleans immer noch eine der faszinierendsten Städte der USA und mit Sicherheit die beeindruckendste Metropole der Südstaaten. Die alte französische Architektur im Herzen der Stadt, dem French Quarter, mit den schmiedeeisernen Balkonbalustraden und den verwinkelten Hinterhöfen bietet etwas fürs Auge. Die unzähligen Musikkneipen mit Jazz, Cajun, Soul, Funky-Jazz und anderen Klängen sorgen für ein unvergessliches Abendprogramm. Die Kreolen, wie sich auch heute noch die Nachfahren der französischen Kolonisten nennen, vermitteln unbeschwertes Lebensgefühl, wie wir es wohl kaum sonst wo erleben können, und die Atmosphäre ist überall gelockert und ausgelassen. Die ausgesprochen gute und abwechslungsreiche Küche, unbekannte Kulturen wie zum Beispiel der Voodoo-Kult und die Gegensätze der Südstaatengesellschaft setzen dem Ganzen die Krone auf.

Ab New Orleans fahren wir weiter Richtung Norden. Über eine mächtige Brücke überqueren wir den Lake Pontchartrain. Nach einer Stunde Fahrt sind wir bereits an der Staatsgrenze zu Mississippi. Es macht den Anschein, dass jeder für seinen Bundesstaat auf seine eigene Weise wirbt. Gleich an der Grenze ist eine wunderschön angelegte Rest Area mit einem Park und einem Visitor Center in dem man alle nötigen Informationen zum Bundesstaat erhält. Wir werden von 3 Damen dermassen freundlich und herzlich empfangen, wie wir es bis jetzt noch nie erlebt haben. „Hello Guys, Welcome to Mississipi. Woul‘d you like to have a coffee?“ Rico kann es sich nicht verkneifen, einen dazugehörigen Spruch über seine Lippen zu bringen. Wow, sind die nett. Bei uns würde man nur hören: „He, was guckst du, Alter!“. Nachdem wir uns mit allem nötigen Material, inkl. Strassenkarte, eingedeckt haben, fahren wir weiter auf der I-59 in nördöstliche Richtung. Bei Meridian halten wir, um unsere Lebensmittel aufzufüllen. Da bemerkt Monika, dass wir ja in wenigen Meilen Mississipi schon wieder verlassen. Das erscheint uns absolut zu schnell. Da das Wetter wunderschön ist, studieren wir die Landkarte und finden „just by Chance“ den Lake Okatibbee. Der liegt nur 20 km nördlich von Meridian; also nichts wie hin. Mal sehen was uns da erwartet. Die Fahrt dorthin erweist sich als ausgesprochen interessant; schöne, mächtige Ranches und Einfamilienhäuser mit enormem Umschwung, meistens am eigenen See gelegen. Endlich angekommen, können wir uns direkt am See romantisch-idyllisch einrichten. Wow, so gefällt es uns. Wir sind gerade rechtzeitig, um den wunderschönen, farbigen Sonnenuntergang zu erleben.

Eigentlich wollten wir nur 2 Tage hier bleiben, aber das Wetter meint es so gut mit uns. Es wird sage und schreibe 25°C, und dies am Neujahr. Spontan entscheiden wir, noch länger hier zu bleiben. Leider haben wir aber weder einen Champagner noch ein Festessen dabei. Naja, was soll‘s, dafür Frühlingstemperaturen und eine wunderschöne Lage am See.

Das erste was wir im Jahr 2012 sehen, sind Wolken am Himmel. Danach ein kurzer Regenschauer und schon wird es wieder blau und relativ schön. Wir raffen uns auf und steigen endlich ins Übergwändli um unser „Hüsli“ zu schmieren und zu fetten. So lange haben wir das nun schon herausgeschoben, jetzt muss es endlich gemacht werden. Und so ist dies unsere erste Tätigkeit im Neuen Jahr. Bewaffnet mit Fettpresse, Schmierplan usw. kriechen wir unter dem „Hüsli“ durch. Nach einigen Stunden haben wir es geschafft und sind froh darüber. Aber am Abend sind wir schon etwas „kaputt“.

Heute müssen wir aber wirklich weiter. Zurück in Meridian fahren wir auf der I-59 in östlicher Richtung. Schwups, und schon sind wir im Bundesstaat Alabama. Er hat die offiziellen Beinamen: Cotton State (Baumwollstaat), dann Yellow Hammer State (Goldspechtstaat), schliesslich bezeichnet man ihn gern als Heart of Dixie (Herz des Südens). Stundenlang fahren wir durch eher langweiliges Waldgebiet, denn ein Grossteil des Staates ist von Wald bedeckt. Unser Weg führt uns quer durch die Stadt Birmingham, die mit 243‘000 Einwohnern die grösste Stadt in Alabama ist. Birmingham ist eine Industriestadt, hauptsächlich mit Baumwoll-, Elektro-, Zement- und chemischer Industrie. Von hier wechseln wir auf die Interstate 65 Richtung Norden. Unser Ziel ist die Stadt Huntsville mit dem U.S. Space and Rocket Center. Hier befindet sich auch das Red Stone Arsenal, ein Raketen-Entwicklungs- und Testgelände, durch das die Stadt auch als Rocket City bekannt wurde. Am 8. September 1960 wurde durch den US-Präsidenten Eisenhower das Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville eingeweiht. Seit den 1950er Jahren wurden dort unter der Leitung von Wernher von Braun die Saturn-Raketen und das Apollo-Programm entwickelt.

Den heutigen Tag widmen wir der Besichtigung des U.S. Space and Rocket Center. Das Museum ist sehr gross, interessant und informativ. Was für ein Aufwand, welche finanzielle Mittel und enorme Forschung dahinter steckt, waren wir uns bis anhin nicht bewusst. Es ist eindrücklich, direkt unter einer Rakete zu stehen. Sie ist viel grösser und mächtiger als wir uns das vorgestellt haben. Monika hat bestimmt schon einmal insgeheim mit dem Gedanken gespielt, Rico mit solch einer Rakete auf den Mond zu schiessen. Im Park können wir den „Space Shot“ (Raketenabschuss) am eigenen Leib erfahren. Gewaltig ist der Schub und angsterregend die kurze Schwerelosigkeit danach. Auch die G-Force, eine Art Zentrifuge, können wir ausprobieren. Enormer Druck und Kräfte die den Körper praktisch unbeweglich machen. Ein Face-Lifting, ausgelöst durch die Zentrifugalkraft ist kostenlos dabei.

Im nächsten Reisebericht geht’s um Nashville mit Country Music, Memphis und Elvis usw.



Fotogalerie

Klicken Sie hier, um zur Galerie zu gelangen.


Fahr-Route Orange TX - Huntsville AL 1'363 km



Fahr-Route Las Vegas NV - Huntsville AL 4'590 km