Reisebericht vom 22. Januar 2012

Reisebericht 04

Ab Huntsville ist es gar nicht so weit bis an die Staatsgrenze von Tennessee. Unsere Aufmerksamkeit gilt hier der Stadt Nashville. Wir steuern den Two River Campground an, wo wir uns einrichten. Die 10 km bis ins Downtown werden wir mit dem Töff machen. Das Wetter ist heute sehr schön und soll für morgen noch besser werden.

„Music City USA“ der Spitzname sollte die Stadt beschreiben. Nashville gilt heute als die Stadt der Countrymusik. Wer nun aber glaubt, überall auf alte Cowboypinten, schnuckelig romantische Musikgigs in Hinterhöfen und ähnliches zu treffen, der verkennt Amerika. Längst ist das Geschäft mit der Coutrymusik – seit Jahrzehnten von langer Hand geplant – eine Goldgrube für das Big Business. Was für Dallas die Banken und Atlanta die multinationalen Konzerne sind, das ist für Nashville die Countrymusik bzw. die Kultur, die um sie gesponnen wird. Gestresste Radiomanager, rotierende Filmagenturen, riesige Glaspaläste, Tausende von Musikern, die sich in zig Musikclubs die Klinke in die Hand geben und die grösste Showhalle der USA, die Grand Ole Opry, bestimmen heute das Bild der Stadt. Schon nachmittags um 15.00 Uhr sitzen wir in einer Kneipe bei einem Bier und hören Live-Countrymusik. Eigentlich genau so, wie wir uns das vorgestellt haben. Die Bluegrass-Musiker versuchen sich in kleinen Kneipen mit Liveauftritten, in der Hoffnung, von den grossen der Branche entdeckt zu werden. Obwohl der Historik-Bezirk behutsam restauriert wurde, springt der Funke des einst vergangenen Cowboy- and Country-Flair voll auf uns über. Nashville ist heute eine moderne Stadt und ganz nebenbei auch die Hauptstadt von Tennessee. Die Plattenherstellung ist nach Los Angeles die zweithöchste in den USA. Aber auch Banken, Versicherungen und eine nicht unbedeutende Metallindustrie steuern zum Wohlstand bei. Und nicht zu vergessen die über 750 Kirchengebäude. Eine Reihe von Kirchengemeinschaften haben ihren Sitz in der Stadt und das heilige Kreuz leuchtet nachts von nicht nur einem Hochhausgebäude.

Auf unserer Reise ist Nashville die wohl am östlichsten gelegene Stadt. Also fahren wir ab hier wieder Richtung Westen. Die I-40 bringt uns von Nashville nach Jackson. Jackson hätte vielleicht auch das eine oder andere zum Anschauen, aber alles können wir nun wirklich nicht sehen. Wir nutzen die Stadt zum Übernachten, denn unser nächstes Ziel ist Memphis.

Da die Distanzen enorm gross und unser „Hüsli“ extrem langsam ist, brauchen wir den ganzen Tag bis wir Memphis erreichen. Es ist eigentlich nicht kalt, aber leider sehr bewölkt. Wir erreichen den Mississippi River Campground der direkt beim Fluss Mississippi liegt. Obwohl das Büro geschlossen ist, richten wir uns einfach mal so ein. Dabei stellen wir fest, dass unser Stecker nicht zu dem vorhandenen passt. Ein Adapter ist notwendig. Da taucht ein junger schwarzer Mann auf und fängt an mit uns zu quatschen. Ihm gefällt unser „Hüsli“ und er fragt, ob er Fotos machen kann. Beiläufig erzählen wir ihm von unserem Stecker Problem. Kurzum geht er zu seinem Pick up und kehrt mit einem Adapter in der Hand zurück. Ja, der passt! Und so schenkt er ihn uns einfach.

Nach einem Einbruch der Wirtschaft durch den amerikanischen Bürgerkrieg wurde Memphis im Laufe des letzten Jahrhunderts die bedeutendste Stadt am Mittellauf des Mississippi, und vor allem sein Hafen brachte Wohlstand. Mit den Menschen kam dann auch eine neue Musikrichtung nach Memphis, von wo aus diese später den Weg nach New Orleans fand: der Blues. In früheren Zeiten noch als „Hillbilly“ oder „Landgesang“ abgetan, war es schliesslich W.C. Handy der mit dem legendären „Memphis-Blues“ den Durchbruch schaffte. Handy spielte seinen Blues in der Beale Street, der Amüsiermeile der Fluss-Schiffer. Seither ist die Beale Street als die Geburtsstätte des Blues bekannt und auch heute bieten die zahlreichen Kneipen täglich Live-Musik. Wenn auch erste Tendenzen in diese Richtung gehen, ist die Beale Street noch nicht so sehr vom Tourismus „verdorben“ wie z. B. die Bourbon Street in New Orleans – dafür ist Memphis selbst allerdings längst nicht so attraktiv wie jene Stadt an der Mündung des Mississippi, vor allem was die Stadt-Architektur angeht, die hier noch recht eintönig ist. Aus Nashville kommend, empfinden wir Memphis eher als eine billige Kopie von Nashville. Dafür haben wir hier den besten Burger seit je gegessen. Gestärkt marschieren wir zum Peabody Place und Hotel. Dieses historische Grandhotel begeistert auch heute noch durch seine Grösse und Eleganz, die vor allem in der riesigen Lobby deutlich wird. Hauptattraktion aber sind seit über 60 Jahren die berühmten „Peabody Ducks“. Täglich werden die Enten durch einen „Enten-Trainer“ von ihrer Behausung im Dachgeschoss mit dem Fahrstuhl in die Lobby gebracht, wo sie entlang eines roten Teppichs, begleitet von Piano-Klängen und den Blitzlichtern der Touristen, ihren kurzen Weg zum Lobby-Bassin fortsetzen. Dort planschen sie dann bis Punkt 17 Uhr, wenn der Trainer sie wieder abholt und - begleitet von demselben Szenario – wieder nach oben führt. Wir ergattern einen guten Platz, das kurze Schauspiel ist amüsant. Das Grandhotel hat eine eigene Konditorei und wir können nicht widerstehen. Wir gönnen uns ein Espresso-Tiramisu (ein Tiramisu, das in einer Tasse aus Schokolade ist). Wow, so was Feines haben wir selten gegessen, war aber auch sauteuer; 6 Dollar pro Stück!!!! Na ja, man gönnt sich ja sonst nichts. Als wir das Grandhotel verlassen, regnet es. Scheisse, jetzt müssen wir im Regen mit dem Töff zurück zum „Hüsli“ fahren. Ca. 500 Meter vor dem Ziel geht uns auch noch das Benzin aus. Ja super, es regnet, es ist dunkel, wir sind nass und nun müssen wir auch noch den Töff stossen.

Mitte der 1950er-Jahre legte ein grosser Sohn der Stadt den Grundstein für eine weitere neue Musikrichtung. Elvis Presley, der „King of Rock’n Roll“. Er wurde zwar in Tupelo MS geboren, lebte aber bereits seit seiner Teenager-Zeit in Memphis und wurde hier auch vom Besitzer der „Sun Studios“ entdeckt. Elvis lebte bis zu seinem Tode 1977 in seiner Villa Graceland im Süden der Stadt. Selbstverständlich ist der Besuch von Graceland für alle Memphis-Touristen ein „Muss“. Kaum eine „Pilgerstätte“ in den USA zieht mehr Menschen an als „Graceland“, das ehemalige Wohnhaus von Elvis Presley. Das Vermächtnis des verstorbenen Rockidols wird hier im gross angelegten Pomp vermarktet. Bereits vor Erreichen der Anlage stechen uns zahlreiche Souvenirshops und gleichnamige Motels ins Auge. Beim Parkplatz nimmt man uns schon die ersten $ 15.00 ab. Danach sind für den Eintritt weitere $ 36.00 pro Person fällig. Das beinhaltet das Wohnhaus, alle Museen und seine 2 Privatjets. Das Wohnhaus liegt auf der anderen Seite der Strasse; dahin werden wir mit einem Minibus gefahren. Von aussen wirkt die Villa gar nicht so prunkvoll wie wir das von einem King erwartet haben. Das Gebäude wurde 1939 erbaut und nach einer Tante des ersten Besitzers benannt. 1957 erwarb Elvis das Haus und begann bald damit, es aufwendig umzugestalten. Jedes Zimmer hat seinen eigenen Charakter, und nicht jedem wird Elvis Geschmack liegen. Uns gefällt es, es wirkt sehr heimelig, wohnlich und irgendwie einfach und einfallsreich. Dagegen ist der Düsenjet, benannt nach seiner Tochter Lisa Marie, sehr luxuriös eingerichtet. Unter anderem mit vergoldeten Waschbecken, Queen-Size-Bett und einer Telefonanlage mit der Elvis bereits Mitte der 70er-Jahre in aller Welt herumtelefonieren konnte. Zum Schluss sind wir überzeugt, dass sich ein Besuch von „Graceland“ auf jeden Fall lohnt, nur der Kommerz drum herum ist uns schon etwas zu gross. Jedes Museum endet in einem Souvenirshop wo man vom „Wackel-Elvis“ über Tassen, Socken bis zur Unterhose alles kriegen kann.
Wir verlassen Graceland und überqueren den Mississippi nach West Memphis. Da der Fluss gleichzeitig die Staatsgrenze zwischen Tennessee und Arkansas ist, sind nun unsere Abenteuer in Tennessee beendet.



Fotogalerie

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Fahr-Route Huntsville AL - Memphis TN 565km



Fahr-Route Las Vegas NV - Memphis TN 5'155 km